„…haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!“
Der 1.FCK unterliegt in der Nachspielzeit in Heidenheim. Rot für Lukas Spalvis
Selten in der laufenden Saison hat der 1.FCK auf fremdem Terrain so engagiert und mutig Fußball gespielt wie gestern in Heidenheim. Dennoch gingen die Roten Teufel in diesem ersten von 19 erklärten Endspielen am Ende als Verlierer vom Platz. Zwei Schlüsselszenen waren entscheidend dafür. Einmal die Rote Karte für Lukas Spalvis (66.) und ein haarsträubender Patzer von Ersatz-Keeper Jan Ole Sievers in der Nachspielzeit. Dabei spielten die Jungs von Jeff Strasser gestern mit viel Einsatz, Leidenschaft, Mut und Aggressivität. Kamen nach beiden Heidenheimer Führungstreffern jedes Mal zurück und erzielten den Ausgleich. Vor dem entscheidenden Tor war der 1.FCK in Unterzahl gefühlt sogar näher am Siegtreffer als die Hausherren. Aber am Ende sollte es nicht sein. Ein fulminanter Freistoß aus mehr als 30 Metern Distanz von Standardspezialist Marc Schnatterer sorgte am Ende für die Entscheidung (90.+1). Ersatz-Keeper Jan Ole Sievers machte dabei alles andere als eine gute Figur, als er sich den Heidenheimer Freistoß in der Nachspielzeit quasi selbst im eigenen Tor versenkte.
Nach der Heimpleite gegen Bielefeld schickte Jeff Strasser nahezu die gleiche Mannschaft aufs Feld. Lediglich der angeschlagene Daniel Halfar wurde durch Benjamin Kessel ersetzt. Um es gleich vorweg zu nehmen. Über die gesamten 90 Minuten war der Auftritt des 1.FCK ohne seinen etatmäßigen Kapitän deutlich homogener, kompakter und sicherer. Wieder einmal. Vor allem Mittelfeldakteur Christoph Moritz wirkte auch gestern deutlich aktiver, kreativer und impulsiver, wenn Halfar nicht auf dem Platz steht. Eine Wahrnehmung, die unzählige Fans bereits seit Saisonbeginn für sich in Anspruch nehmen. Nur ein Trugschluss von Ahnungslosen? Schwer zu beantworten, aber irgendeinen Grund muss es hierfür geben. Bitte die Fragestellung aufnehmen, analysieren und danach handeln.
Beide Mannschaften spielten gestern vom Anpfiff weg mutig nach vorne. Schon nach zwei Minuten hätten die Zuschauer Tore sehen können. Stipe Vucur per Kopf und Marc Schnatterer mit dem Fuß scheiterten. Brandon Borello (5.) und Maximilian Thiel (6.) setzten die nächsten Duftmarken. In der 7. Minute parierte Marius Müller glänzend gegen den Ex-Lauterer Robert Glatzel. Die größte Chance in der Anfangsviertelstunde hatte Christoph Moritz, dem nach einem missglückten Klärungsversuch von Timo Beermann das Leder im Sechzehner vor die Füße fiel. Doch der Mittelfeldakteur verzog freistehend aus zehn Metern über die Latte (13.). Beide Teams taten auch in der Folge viel für die Offensive. Ein bis dahin flottes und turbulentes Spiel, auch wenn es keinen Fußball bot, der Anlass gab, mit der Zunge zu schnalzen.
In der 23. Minute der erste gefühlte Nackenschlag für die Gäste. Torhüter Marius Müller musste mit einer später diagnostizierten schweren Hüft- und Muskelprellung runter. Für ihn kam Ersatz-Keeper Jan Ole Sievers. Trotz des Schocks blieb der FCK am Drücker. Lukas Spalvis hatte gleich zwei gute Möglichkeiten, scheiterte aber nach einer maßgerechten Flanke von Joel Abu Hanna (26.) und konnte nur wenige Augenblicke später eine haarsträubende Rückgabe von Mathias Wittek gegen den aufmerksamen Heidenheimer Keeper nicht verwerten (27.). Dann sorgte der frische FCK-Keeper für einen Aufreger, als er beim Klärungsversuch gegen Robert Glatzel unglücklich aussah und den langen Angreifer im Sechzehner niederstreckte. Der FCK hätte sich nicht beschweren dürfen, wenn Schiedsrichter René Rohde hier auf den Punkt zeigt (33.). Nur wenige Minuten später netzte der lange Ex-Lauterer dann zwar ein, stand dabei aber klar im Abseits. Der Treffer zählte nicht. Der FCK arbeitete sich aus der kleinen Heidenheimer Drangphase heraus und hatte kurz vor dem Kabinengang noch zwei Möglichkeiten durch Brandon Borello, der jedoch aus der Distanz verfehlte (45.+3).
Nach dem Wechsel ging es munter weiter. Die Hausherren hatten zunächst mehr von der Partie und drängten den FCK etwas in die eigene Hälfte und mit Erfolg auf die Führung. Nach einem Freistoß des eingewechselten Kolja Pusch landete das Leder im dichten Abwehrgewühl direkt vor den Füßen von Mathias Wittek, der nicht lang fackelte und zum 1:0 einnetzte (56.). Doch der FCK blieb unbeeindruckt. Nur zwei Minuten später leitete der eingewechselte Nicklas Shipnoski einen Angriff ein, bediente Brandon Borello, der maßgerecht in den Sechzehner flankte. Lukas Spalvis stieg am höchsten und verlängerte den Ball per Kopf in die lange Ecke zum verdienten Ausgleich (58.).
Eben noch der Held und wenige Minuten später schon der Depp! Nach einer Heidenheimer Ecke griff Lukas Spalvis seinem Gegenspieler Arne Feick ans Trikot, der theatralisch zu Boden sank. Der Schiedsrichter zögerte keine Sekunde und zeigte auf den Punkt. Im anschließenden hitzigen Disput ließ sich der Lauterer Offensivmann zu einer ungeschickten und höchst dämlichen Kopfbewegung gegen den Gefoulten hinreißen. Abermals sank der Heidenheimer Abwehrmann zu Boden. Für den Unparteiischen eine klare Tätlichkeit. Glatt rot für Lukas Spalvis! Den fälligen Strafstoß verwandelte Marc Schnatterer humorlos (68.).
Ein abgeschlagener Tabellenletzter bricht nach so einer Situation normalerweise mental ein. Was für die verbleibenden Spiele wenigstens ein klein wenig Mut machen sollte, ist der Umstand, dass die Jungs von Jeff Strasser gestern zeigten, dass sie auch anders können.
Die Mannschaft wehrte sich trotz Unterzahl entschlossen und hatte Erfolg. Nach einem Flankenlauf von Brandon Borello über die rechte Seite zog der Australier beherzt ab. Der Schuss wurde von Arne Feick abgefälscht und schlug links vom verdutzten Keeper im Heidenheimer Tor ein. Der verdiente Ausgleich zum 2:2 (80.)! Doch auch damit gab sich der FCK nicht zufrieden und bemühte sich mit mutigem und beherztem Spiel nach vorne in den letzten zehn Minuten darum hier sogar einen Dreier mitzunehmen. Wohlgemerkt, in Unterzahl. Den wollten aber auch die Hausherren und so sahen die Zuschauer in den Schlussminuten eine umkämpfte Partie. Mit dem glücklicheren Ende für die Mannschaft von Frank Schmidt.
In der Nachspielzeit eine unglückliche Aktion von Patrick Ziegler, Nicklas Shipnoski wollte ausbügeln, traf seinen Gegenspieler, Freistoß. Marc Schnatterer legte sich in mehr als 30 Metern Distanz den Ball zurecht, Jan Ole Sievers verzichtete auf eine sichernde Mauer und der Standard-Experte von der Alb tat das, was in der gesamten Liga längst kein Geheimnis mehr ist. Er zog mit eisenharter Vehemenz ab, der Ball bahnte sich flatternd seinen Weg zum Tor und im Bruchteil einer Sekunde schien der Lauterer Keeper zu zaudern. Die Kugel klatschte ihm gegen die hochgehaltene Handfläche, mit wuchtigem Effet von dort zur Seite und zischte links neben ihm zum Siegtreffer ins Lauterer Netz (90.+1). Ein Schlag in die Fresse, ein Schlag in die Magengrube, ein Schlag in den Nacken oder eben alles zusammen! Emotional ist so etwas schwer zu verdauen. Die rund 1.000 mitgereisten Fans standen daher genauso konsterniert im Block, wie die Mannschaft auf dem Rasen. Schließlich hatten auch sie über 90 Minuten alles gegeben, den ansehnlichen Auftritt des FCK leidenschaftlich von außen zu befeuern.
Wen wundert es da, wenn es nach dem Abpfiff im und vor dem Gästeblock noch zu höchst emotionalen Szenen gekommen war. Ausgetragen und befeuert von beiden Seiten, von Fans und von Spielern. Ein Mix aus Wut, Trauer, Resignation und Enttäuschung, aber auch zaghaften Versuchen Richtung Aufmunterung oder plattitüdenhaften Durchhalteparolen. So oder so, die Nerven liegen blank! An vielen Stellen. Trotzdem macht es keinen Sinn aufzugeben. Weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Wenn aus dem rechnerisch noch möglichen Klassenerhalt noch etwas werden soll, darf sich die Mannschaft natürlich nicht mehr viele Böcke erlauben. Am besten gar keine mehr! Oder Spiele abliefern, wie das gegen Bielefeld am vergangenen Sonntag. Am besten kein einziges mehr! Es gilt in jedem Fall den Einsatz und den Willen aus der gestrigen Partie mitzunehmen. Das ist Mindestanforderung.
Allein das wird natürlich nicht reichen. Es müssen auf jeden Fall Punkte her, egal gegen welche Mannschaft. Die sportliche Situation und der bisherige Verlauf der Saison haben natürlich viel mit Unvermögen und hohen fußballerischen Defiziten zu tun. Aber auch wie gestern mit Pech. Es wird Zeit nun auch das Glück mal zu zwingen, auch wenn es aktuell schwierig ist daran zu glauben, dass die Mannschaft das hinbekommt. Aber mal ehrlich, wer hätte gestern vor dem Anpfiff der Prognose Glauben geschenkt, dass diese Mannschaft auf des Gegners Platz gleich zweimal zurückkommen und einen Ausgleich erzielen kann, einmal davon sogar in Unterzahl?
mg
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