Aufopferungsvolle Abwehrschlacht reicht nur für Remis

Der 1.FCK kommt in Unterzahl gegen überlegene Ingolstädter nur zu einem 1:1

Schlüsselszene. Der Schiri schickt Benjamin Kessel mit gelb-rot in die Kabine (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Schlüsselszene. Der Schiri schickt Benjamin Kessel mit gelb-rot in die Kabine (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Noch lange nach dem Abpfiff der gestrigen Partie haderten die Fans mit dem Schiedsrichtergespann. Nicht nur wegen der Szene, bei der Benny Kessel in der 67. Minute mit gelb-rot frühzeitig vom Platz musste. Auch der sonst wenig souveräne Auftritt der Männer in blau sorgte für viel Unmut am Betzenberg. Mehr als 20 Minuten lang musste der FCK in Unterzahl agieren. Wieder einmal. Was den Jungs von Jeff Strasser an fußballerischer Qualität fehlt, konnten sie über die gesamte Spielzeit dennoch mit aufopferungsvollem und leidenschaftlichem Einsatz wettmachen. Früh waren die Roten Teufel durch den Treffer von Sebastian Andersson in Führung gegangen. Per Kopf erzielte der lange Schwede nach einer Hereingabe von Benny Kessel schon in der 7. Minute die Führung für die Hausherren. In der Folge waren die Gäste phasenweise zwar drückend überlegen, doch der FCK hielt verbissen dagegen. Bis zur 79. Minute, als Dario Lezcano im Sechzehner überraschend zum Abschluss kam und unhaltbar für Marius Müller zum Ausgleich traf.

Frühe Führung per Kopfball, Sebastian Andersson (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Frühe Führung per Kopfball, Sebastian Andersson (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Knapp eine Stunde vor dem Anpfiff stand die Partie noch auf der Kippe. Ergiebige Schneefälle hatten in den Vormittagsstunden das Fritz-Walter-Stadion in eine Winterlandschaft verwandelt. Die Entscheidung doch zu spielen fiel erst spät. Zahlreiche Helfer hatten dann auch bis kurz vor Anpfiff alle Hände voll zu tun, um das Spielfeld wenigstens einigermaßen vom Schnee zu befreien. Eine Viertelstunde Puffer gab es obendrein. Der Anstoß der Partie wurde 15 Minuten nach hinten verschoben. Ein Kompliment an alle Schneeräumer, die es bis zum Einlauf der Mannschaften mit ihrem Einsatz schafften die Schneedecke vom Platz zu schieben. Die grün-braune Fläche bot dennoch keine regulären Verhältnisse, denn der Boden war tief und extrem rutschig. Keine guten Voraussetzungen für ein ansehnliches Fußballspiel.

Offiziell nur 16.74 Besucher, tatsächlich aber deutlich weniger (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Offiziell nur 16.074 Besucher, tatsächlich aber deutlich weniger (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Der Bundesligaabsteiger aus Ingolstadt begann forsch und zielstrebig, kam schneller auf dem rutschigen Boden zurecht und auch zu ersten Möglichkeiten. Der FCK hatte vom Anpfiff weg in der Defensive Schwerstarbeit zu verrichten. Doch gleich die erste Offensivaktion der Roten Teufel wurde belohnt. Brandon Borello legte auf Benjamin Kessel, der aus halbrechter Position eine feine Flanke vor den Ingolstädter Kasten servierte. Die Defensive der Gäste einen Moment nicht im Bilde und Sebastian Andersson verwertete per Kopfstoß den halbhohen Ball durch die „Hosenträger“ des Gästekeepers. „Das werden lange 85 Minuten“, kommentierte ein Tribünengast angesichts der sichtbaren spielerischen Überlegenheit der Gäste. Der FC Ingolstadt bemühte sich trotz schwieriger Platzverhältnisse seine fußballerischen Qualitäten auszuspielen und bot ein ums andere Mal ansehnlichen Kombinationsfußball. Der FCK wehrte sich verbissen. Leider allzu oft mit zahlreichen wenig inspirierten Befreiungsschlägen. Den Schanzern dagegen fehlte die letzte Präzision im Abschluss und wenn die Bälle doch mal aufs Tor kamen, war Marius Müller zur Stelle. Der Lauterer Keeper  war gestern einmal mehr in bestechender Form. Ein wichtiger Rückhalt bei den noch ausstehenden Aufgaben.

Gestern ein kämpferischer Aktivposten, Brandon Borello (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Gestern ein kämpferischer Aktivposten, Brandon Borello (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Auffällig schon bis zur Pause, die unzähligen Spielunterbrechungen. Wobei auf Seiten des FCK gefühlt nahezu jede Aktion mit Körpereinsatz abgepfiffen wurde, während das Pfeifen-Gespann den Gästen so einiges durchgehen ließ, was ahndungswürdig gewesen wäre. Gleich zweimal zückte der Unparteiische in der ersten halben Stunde gegen den FCK den gelben Karton. Die Verwarnung gegen Benjamin Kessel (11.) sollte noch Folgen haben, die möglicherweise spielentscheidend waren. Unerklärlich bleiben auch die vermeintlichen Sehstörungen des Fahnen-Männchens an der Seitenlinie vor der Nordtribüne, dem mehrmals klare Abseitspositionen oder regelwidrige Aktionen der Gäste entgangen waren. Schneegestöber kann nicht der Grund für den mangelnden Durchblick gewesen sein. Aber wenn die körperlichen Voraussetzungen nicht ausreichen die geforderte Ballhöhe zu erfüllen, kommt genau sowas dabei raus. Man mag dem Mann an der Linie ja schließlich nicht unterstellen, dass er dies oder jenes nicht sehen wollte, oder? Mit dem Pausenpfiff gab es so auch ein gellendes und durchaus verdientes Pfeifkonzert. Nicht für die Akteure am Ball, sondern für die an der Pfeife.

Gestern mal wieder in der Startelf, Leon Guwara (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Gestern mal wieder in der Startelf, Leon Guwara (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit kam Nicklas Shipnoski für den gestern enttäuschenden Manni Osei Kwadwo. Das Offensivspiel des FCK bekam zumindest einige neue Impulse. Wobei bei den wenigen Ausflügen in die gegnerische Hälfte, vieles einfach allzu magere fußballerische Kost blieb. Im Spielaufbau häufig zu ideenlos, im Umschaltspiel oft zu schlampig und im Abschluss zu unkonzentriert. Es hat schon seine Gründe warum die Mannschaft des 1.FCK am Tabellenende klebt und die Ausbeute an Toren und Punkten in der laufenden Saison so ist wie sie ist. Das einzige Pfund was die Mannschaft noch hat sind Moral, Wille und Einsatzbereitschaft. Das hat sie gestern zu hundert Prozent in die Waagschale geworfen. Die Gäste blieben weiter bemüht aus ihrer spielerischen Überlegenheit Kapital zu schlagen, erspielten sich teils gute Möglichkeiten, aber es gelang ihnen einfach nicht das Lauterer Abwehrbollwerk zu knacken. Bei der ersten hochkarätigen Chance im zweiten Durchgang war dann wieder Marius Müller gefragt, der einen raffinierten Schuss von Christian Träsch glänzend parierte (54.).

Eine von zahlreichen Unterbrechungen (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Eine von zahlreichen Unterbrechungen (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Die Gäste bissen sich die Zähne aus, der FCK biss sich in jeden Zweikampf. Die bescheidene Kulisse stand wie eine eins hinter der Mannschaft. Zwar wollten nur 16.074 offizielle Besucher die gestrige Partie sehen. Es dürfte aber wohl kaum eine fünfstellige Zahl gewesen sein, die sich da gestern auf den gähnend leeren Tribünen verlor. Dennoch entfachte das Publikum gehörig Feuer. Bei gelungenen Aktionen, bei gewonnenen Zweikämpfen und insbesondere bei den vielen Entscheidungen der Unparteiischen. Das beflügelte auch die Männer in Rot immer wieder. Nicht nachzulassen und nach einer guten Stunde wieder mehr für die eigene Offensive zu tun. Die Emotionen kochten dann aber endgültig über als Benjamin Kessel noch in der eigenen Hälfte sich an der Außenlinie in einem giftig geführten Zweikampf den Ball eroberte, wobei sein Gegenspieler Dario Lezcano zu Boden ging. Dr. Matthias Jöllenbeck wertete das beherzte Einsteigen als überhartes Spiel und zeigte dem Lauterer Akteur die gelb-rote Karte. Wilde Rangeleien und eine aufgebrachte Bank waren die Folge in unmittelbarer Nähe des Geschehens, die Fans auf den Tribünen spuckten Gift und Galle. Auch der herbeigeeilte Marius Müller sah wegen seiner heftigen Proteste noch den gelben Karton, Gerry Ehrmann ließ seine sichtbare Wut an den aufgetürmten Schneehaufen am Spielfeldrand aus.

Geballte Emotionen nach dem Platzverweis, Gerry Ehrmann (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Geballte Emotionen nach dem Platzverweis, Gerry Ehrmann (Foto: www.der-betze-brennt.de)

„Für uns geht es um alles. Mich in so einer Situation vom Platz zu stellen – ohne Worte“, kommentierte Benjamin Kessel nach dem Abpfiff die Situation. Fingerspitzengefühl sieht in der Tat anders aus! Wie beim Auswärtsspiel in Heidenheim ging es nun darum in Unterzahl zu bestehen. Gelang auf der Schwäbischen Alb mit der dezimierten Truppe der Ausgleich, was letztlich auch am Ende nicht reichte, ging es gestern darum die knappe Führung zu verteidigen und gegebenenfalls auszubauen. Doch es sollte nicht gelingen. Ausgerechnet der von Benjamin Kessel gefoulte Dario Lezcano stand in der 79. Minute goldrichtig, als ihm ein abgefälschter Ball auf den Fuß sprang und der Stürmer aus der Drehung ins lange Eck einnetzte. In der Schlussphase wollten die Gäste nun mehr und drängten weiter, während der FCK noch zu einigen Kontern kam, bei denen Nicklas Shipnoski durchaus hätte die Maximalausbeute noch sicherstellen können (88., 90.+2). Doch letztlich blieb es auch nach drei Minuten Nachspielzeit beim Unentschieden. Für den FCK im Grunde zu wenig, um den Klassenerhalt noch zu schaffen. Dennoch macht der Auftritt insgesamt Mut. Die Mannschaft hat kämpferisch alles gegeben.

Hoffnungsvolles Talent, Torben Müsel gegen Ex-FCK Spieler Marcel Gaus (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Hoffnungsvolles Talent, Torben Müsel gegen Ex-FCK Spieler Marcel Gaus (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Zahlreiche gestern getroffene Entscheidungen mögen in ihrer Bewertung auch von der Sorge um die Gesundheit der Spieler getragen gewesen sein. Grade wenn da einer an der Pfeife agiert, der von Hause aus Mediziner ist. Dennoch ist und bleibt Fußball ein körperbetonter Sport. Doch wenn die Sorge um die Gesundheit der Spieler überwog, warum haben Sie die Partie dann nicht abgesagt, Herr Jöllenbeck? Dass am Ende für den FCK nur ein Punkt raussprang, dafür machten viele aus dem Lauterer Lager vor allem den Unparteiischen verantwortlich. Selbst der besonnene Jeff Strasser kommentierte die strittige Szene in der Pressekonferenz mit verhaltener Kritik. Für viele Fans, die in der Nordhalle zu wenig deutlich. In der Tat wäre es eine willkommene Gelegenheit gewesen von offizieller Seite mal deutlichere Worte auszusprechen. Auch um das „Wir-Gefühl“ in der Fan-Gemeinde noch einmal zu befeuern. Immerhin hat Herr Jöllenbeck uns im Frühjahr beim Heimspiel gegen Braunschweig einen klaren Hand-Elfmeter verwehrt.

Abgekämpft und ernüchtert, aber der Einsatzwille macht Mut (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Abgekämpft und ernüchtert, aber der Einsatzwille macht Mut (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, wir haben nichts mehr zu verlieren. In der Vergangenheit hatten sich auch schon Offizielle anderer Vereine dazu hinreißen zu lassen, die Ankündigung in die Öffentlichkeit zu posaunen, man werde sich in Frankfurt dafür einsetzen, dass dieser oder jener Schiedsrichter hier keine Spiel mehr leiten würde. Trotzig aber konsequent. Gestern wäre eine Gelegenheit gewesen auch vom höchsten Fußballberg mal von offizieller Seite verbale Signale zu setzen, solche mangelhaften Leistungen zumindest deutlich anzusprechen. Ein verständlicherweise erregter und enttäuschter Marius Müller oder Benjamin Kessel allein reichen da nicht aus. Am Ende bleibt nichts anderes übrig, als die gestrige Partie schnell abzuhaken. Am kommenden Samstag steht der Rückrundenauftakt gegen den FC Nürnberg an. Das erste von siebzehn Endspielen. Der gestrige Einsatzwille des Teams hätte in jedem Fall Unterstützung verdient. Zahlenmäßig hoffentlich deutlich sichtbarer als gestern.

mg


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