Gegen Mitternacht war die Tinte trocken
Die Queer Devils werden heute auf den Tag genau 10 Jahre alt
Auf den Tag genau heute vor 10 Jahren – um etwa diese Uhrzeit – wurden die Queer Devils gegründet! Bei einer zähen und langen Gründungsversammlung, die um 19.45 Uhr begann und erst kurz vor Mitternacht ihr Ende fand. Dem vorausgegangen waren wochenlange Überlegungen, die zwischen etwas mehr als einem Dutzend Interessenten regelmäßig ausgetauscht wurden. Für den 21. Juli 2007 wurde dann zu einer Gründungsversammlung in die Räume der AIDS-Hilfe Kaiserslautern, in die Pariser Straße eingeladen. Bei den mehrstündigen Diskussionen ging es auch darum, ob die Initiative nur als Stammtisch deklariert werden solle, oder ob man Nägel mit Köpfen machen und den Status eines eingetragenen Vereins anstreben solle. Auf letzteres fiel die Wahl und daher wurde lange über eine für alle passende Satzung gerungen und diskutiert. Sprichwörtlich am Ende jenes Tages stand die formale Gründung des FCK-Fanclubs Queer Devils auf dem Papier, mit dem Status eines eingetragenen Vereins! Nur eines war an jenem Abend keinerlei Diskussion wert. Das Bekenntnis zum traditions- und ruhmreichen 1.FC Kaiserslautern.
Doch eines war allen Mitstreitern schon damals wichtig. Das Engagement gegen jede Form von Diskriminierung und der Kampf gegen Homophobie im Fußball. Viele Mitinitiatoren, die die Gründung eines schwul-lesbischen Fanclubs beim 1.FC Kaiserslautern befürworteten, rekrutierten sich aus allen möglichen Ecken der Republik. Dabei war die gedankliche Initiative um die Gründung eines schwul-lesbischen Fanclubs damals nicht direkt in Kaiserslautern entstanden, sondern in Hamburg! Carsten Stock, gebürtiger Niedersachse und von Kindesbeinen an bekennender FCK-Fan, lebt seit seiner späten Jugend in Hamburg und hat dort stets die Fahnen seiner pfälzischen Fußball-Heimat hochgehalten. Carsten war es, der nach dem Abstieg des 1.FCK im Jahr 2006 aus seiner persönlichen Frustsituation in einem internationalen schwulen Kontakt-Portal im Internet nach Gleichgesinnten gesucht hat, nach schwulen FCK-Fans. Er wurde schnell fündig und so entwickelte sich dort ein Diskussionsforum, das sehr schnell Zulauf bekam. Aber echte FCK-Fans gehören nicht ins Internet, die gehören ins Stadion, am besten gemeinsam. So nahm die Idee Fahrt auf sich zu einem Fanclub zusammenzuschließen. Wenige Monate später an besagtem 21. Juli im Jahr 2007 wurde die Idee dann auch in die Tat umgesetzt.
Sieben Gründungsmitglieder traten an jenem 21. Juli an. Leider nur noch vier sind davon heute noch mit an Bord. Zunächst ist der Fanclub dann bis 2012 auf 51 Mitglieder angewachsen, ehe ein gravierender Mitgliederschwund eintrat und mit nur noch 23 zahlenden Mitgliedern im Jahr 2015 ein Tiefstand erreicht war. Heute tummeln sich wieder 35 FCK-Fans bei den Queer Devils. Homosexuelle, bisexuelle, heterosexuelle und transidente Menschen, alt, jung, Pfälzer und Nicht-Pfälzer, aber alle im Herzen echte Lauterer und echte FCK-Fans! Wir sind stolz, dass wir in vielen Belangen ein kunterbunter Haufen geworden sind. Wir sind sicher auch zu einem festen Bestandteil der Fanszene beim FCK geworden, haben schon viel auf die Beine gestellt und auch immer wieder mutig auch unbequeme Themen aufgegriffen. Beispielsweise wenn rund um den 1.FC Kaiserslautern bedauerliche öffentliche homophobe Vorfälle zu beklagen waren. Hier haben wir uns stets kämpferisch positioniert, aber uns auch immer wieder unaufgeregt, abgeklärt, sachlich und souverän in Diskussionen eingebracht und um Lösungen bemüht.
So beispielsweise nach einer homophoben Verbalentgleisung auf der Westtribüne bei der Partie gegen den Karlsruher SC im September 2009. Hier wurde in einem langen Gespräch mit den Verantwortlichen einer der großen Lauterer Ultra-Gruppen, die Wirkung homophober Gesänge eines Vorsängers, dem dann fast eine komplette Tribüne gefolgt war, intensiv erörtert. Die Sicht und die Wahrnehmung eines schwul-lesbischen Fanclubs, haben hier bei den angesprochenen Ultras für sehr viel Verständnis und Reue gesorgt. Seither gibt es zwischen den Queer Devils und den Ultra-Gruppen in Kaiserslautern auch viel häufiger Annäherungen und konstruktiven Austausch. Auch beim Vorfall um den ehemaligen Stürmer Mohamdou Idrissou im Frühjahr 2013 waren die Queer Devils als Gesprächspartner mit im Boot und hatten viel dazu beigetragen, dass die medial sehr präsente Situation damals sachlich und konstruktiv aus der Welt geschafft werden konnte.
Aber auch im Detail bemühen wir uns immer wieder um viel Aufklärung und mischen uns seit Jahren auch in Forumsdiskussionen ein, wenn es um homophobe Äußerungen in Kommentarleisten oder Berichterstattungen geht. Stets auch mit der konstruktiven Herangehensweise, sich um persönliche Gespräche zu bemühen. Wir waren uns bei der Fanclubgründung stets darüber im Klaren, dass eine erfolgreiche Antidiskriminierungsarbeit und die Positionierung gegen Homophobie nur durch eine regelmäßige und sichtbare öffentliche Präsenz erfolgreich gestaltet werden kann. Mit ein Grund, warum wir seit Jahren regelmäßig an unterschiedlichsten Veranstaltungen teilnehmen und dort über unsere Arbeit rund um die Themen Homophobie im Sport, Rassismus und Diskriminierung informieren. Dazu gehört vor allem das jährliche traditionelle Stadionfest, bei dem wir seit 2008 regelmäßiger Bestandteil sind und mit Infoständen und teilweise aufwändig bunten Aktivitäten (Dosenschießen, personifizierten Foto-Buttons, Tischfußball etc.) schon in der Vergangenheit für Aufmerksamkeit gesorgt haben. Bereits viermal (2009, 2013, 2016 und 2017) hatten wir auch Aktionstage zum Thema Homophobie im Fußball an Heimspieltagen im Fritz-Walter-Stadion veranstaltet. Im Jahre 2009 waren wir Ausrichter der IX. Jahrestagung der QFF, die in Kaiserslautern im Fritz-Walter-Stadion stattfand und auch vom 1.FCK unterstützt wurde.
Auch außerhalb von Kaiserslautern haben wir uns in den zurückliegenden Jahren bei verschiedensten Veranstaltungen als offen schwul-lesbischer Fanclub eingebracht und so auch sichtbar für die Repräsentanz des 1.FC Kaiserslautern beigetragen. Dazu gehörten unter anderem die Beteiligung an verschiedenen Christopher Street Days (CSD) in Köln (2008, 2009, 2010, 2011), in Saarbrücken (2008 und 2015), in Trier (2011) und in München (2012, 2014 und 2015), die Teilnahme am Rheinland-Pfalz Tag (2015 und 2016) sowie im letzten Jahr erstmalig am Demokratietag in Mainz. Der eine oder andere aus unseren Reihen ist seit Jahren auch in verschiedenen Initiativen und Gremien rund um den 1.FC Kaiserslautern vertreten und engagiert sich dort auch bei ganz alltäglichen und profanen Fußball- und Fanthemen. Dazu gehörten in der Vergangenheit unter anderem die von der Fanbetreuung des 1.FC Kaiserslautern initiierte „Zukunftswerkstatt“ oder die aktuelle Gründung des „Fanbündnis 1.FC Kaiserslautern“. Regelmäßig engagiert sich der Fanclub auch im sozialen Umfeld und unterstützt beispielsweise die Sozialinitiative des 1.FCK, die Betze-Engel. 2009 hat der Fanclub das Engagement des FCK-Ärztefanclubs beim Kampf gegen AIDS in Afrika ebenso unterstützt wie im Jahre 2010 anlässlich des Welt-AIDS-Tages die Kaiserslauterer AIDS-Hilfe mit einer Sammelaktion im Fritz-Walter-Stadion.
Jetzt wäre doch eigentlich feiern angesagt! In diesem Jahr haben wir schon kräftig gefeiert. Zum Beispiel bei unserem jährlichen Grillfest, das wir 2017 erstmals in den neuen Räumen des Fanprojektes Kaiserslautern in der Kartoffelhalle veranstaltet hatten. Da die Geburtsstunde der Queer Devils in diesem Jahr auf den Tag vorm Stadionfest fällt, fehlt auch der zeitliche Freiraum für eine richtige Sause. Daher werden wir morgen nach dem Abbau und dem FCK-Testspiel einfach nur gediegen essen gehen. Geplant ist ein Besuch in der Speisegaststätte „Servus“. Wer sich noch anschließen möchte, kann einfach ab 19 Uhr vorbeikommen. Na dann Prost.
mg
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