Auf ganzer Linie kläglich und jämmerlich versagt
Mit einer unterirdischen Leistung verliert der 1.FCK verdient mit 2:0 beim Halleschen FC
Der Auftritt des 1.FC Kaiserslautern beim Halleschen FC am gestrigen Nachmittag glich einer einzigen Katastrophe. Dem Team, das sich zu Saisonbeginn mit vollmundigen Worten anschickte, eine beinharte dritte Liga annehmen zu wollen, muss man attestieren, dass der gestrige Auftritt in der Fremde einer Arbeitsverweigerung gleichkam. Dabei zeigten die Gastgeber der neu formierten FCK-Truppe gestern schonungslos die Grenzen auf, während sich die Mannschaft von Michael Frontzeck nahezu widerstandlos in ihr Schicksal zu ergeben schien. Halle ging nach einem Foul von Özgür Özdemir im Strafraum und dem folgerichtigen Strafstoß bereits in der 12. Minute in Führung. Der FCK versuchte zwar dagegen zu halten, doch mehr als drei halbherzige Möglichkeiten sprangen im ersten Durchgang dabei nicht heraus. Im zweiten Durchgang verwaltete Halle, der FCK fand offensiv im Grunde nicht statt. Ein Standard in der 84. Minute brachte dann die Entscheidung. Nach einem Freistoß von Bentley Baxter Bahn konnte Sebastian Mai völlig unbedrängt mit einem wuchtigen Kopfball zum 2:0 einnetzen.
Die Hausherren waren gestern vom Anpfiff weg präsent, spielten druckvoll nach vorne und zogen mit Marvin Ajani und Brandon Manu vor allem über die Flügel ein munteres Angriffsspiel auf, das die Defensive der Lauterer von einer in die andere Verlegenheit brachte. Insbesondere Janek Sternberg und auch Florian Dick wurden hier mehr als nur einmal düpiert. Aber auch Özgür Özdemir, der für den verletzten André Hainault in der Innenverteidigung auflief, hatte erhebliche Schwierigkeiten seiner Aufgabe gerecht zu werden, um es vorsichtig zu formulieren. Lediglich Kevin Kraus hatte am gestrigen Nachmittag annähernd sowas wie Normalform. Zu wenig für eine komplette Defensivreihe. Aber auch nach vorne ging nicht viel. Für Hendrik Zuck, der in Lautern geblieben war, weil sein erstes Kind gestern erwartet wurde, lief Florian Pick auf der linken Seite auf. Auch er war bei der Erfüllung seiner Defensivaufgaben eher ein Sicherheitsrisiko, denn eine Unterstützung. Nach vorne bis zu seiner Auswechslung in der 69. Minute ein Totalausfall. Christoph Hemlein, sein Pendant auf der rechten Seite, stand ihm allerdings in nur sehr wenig nach. Auch Mads Albaek und vor allem Gino Fechner im zentralen Mittelfeld brachten kaum was auf die Rolle. Damit hingen folgerichtig auch Timmy Thiele und Lukas Spalvis in der Spitze die meiste Zeit in der Luft.
Häufige Ballverluste, schlechtes Stellungsspiel, eine völlig fehlende Spielidee und vor allem kaum Wille und Moral sorgten für einen äußerst faden Auftritt der Roten Teufel. Auch in Großaspach und vor heimischem Publikum gegen Preußen Münster brauchte das Team viel zu lange, um in die Partie zu kommen. Eine Wahrnehmung, die auch die Gegner bereits verinnerlicht haben. Eine Problemlage, die allerdings nicht zu den vollmundigen Worten von Kapitän Florian Dick vor Saisonbeginn passt. „In dieser Liga darf keiner mehr wollen als wir“, versprach der Rückkehrer aus Bielefeld und gab eine kämpferische Linie vor, von der sich die Fans viel versprochen hatten. Über weite Strecken war die mutige Marschrichtung im Auftaktspiel gegen 1860 München deutlich zu sehen, wenngleich auch dort das Kollektiv stramme 10 Minuten brauchte, um den eigenen Weg zu finden. Dies dürfte im ersten Heimspiel allerdings eher der beeindruckenden und Ehrfurcht einflößenden Kulisse geschuldet gewesen sein. Die Deutlichkeit der zitierten Willensstärke ließ in den beiden folgenden Partien allerdings bereits merklich nach. Zumindest was die Anfangsphase betrifft. Die Mannschaft tut sich schwer, in ein Spiel zu finden.
„Wir nehmen uns jedes Mal so viel vor und bringen es dann nicht auf den Platz“, resümierte auch Timmy Thiele gestern selbstkritisch. So wirkte das Gastspiel in Sachsen Anhalt über die gesamte Spielzeit auch eher herzlos, konzeptlos, kopflos, kampflos. Selbst nach dem frühen Führungstreffer der Hallenser war kein Aufbäumen zu spüren, fehlte es an Initiativen und an Spielwitz um den Hallensern Paroli zu bieten. Özgür Özdemir war im Sechzehner seinen Gegenspieler Marvin Ajani, der über die rechte Seite immer wieder Löcher in die Lauterer Deckung riss, etwas ungeschickt angegangen und hatte ihn zu Fall gebracht. Schiedsrichter Arne Aarnink zögerte nicht und entschied auf Strafstoß. Baxter Bentley Bahn legte sich das Leder auf den Punkt, Jan-Ole Sievers flog zwar in die richtige Ecke und wäre auch fast noch an den Ball gekommen, hatte aber bei dem platziert geschossenen Schuss letztlich keine Chance. Erstmals lange Gesichter beim Lauterer Anhang und bei den Verantwortlichen auf der Bank.
Lediglich zu drei Halbchancen reichte es für die Gäste bis zum Halbzeitpfiff. In der 24. Minute scheiterte Timmy Thiele nach einer Flanke von Mads Albaek eher an sich selbst. Nach einem Freistoß von Florian Dick schickte Lukas Spalvis einen Kopfball über die Latte (26.) und verpasste auch in der 39. Minute nach einer Flanke von Christoph Hemlein die Chance zu egalisieren. Dabei hätten die Hausherren längst höher führen können, wenn nicht sogar müssen. Bereits in der 3. Minute prüfte Björn Jopek mit einem satten Distanzschuss Keeper Jan-Ole Sievers, der allerdings gut parierte. In der 36. Minute verschätzte sich Kevin Kraus bei einem langen Ball gewaltig. Offensivmann Mathias Fetsch überlief den Lauterer Defensivmann, stand frei vor dem Tor und wollte den Lauterer Schlussmann mit einem Heber überlisten. Doch Jan-Ole Sievers pflückte sich den Ball. Nicht das erste Mal, dass Kevin Kraus so ein Lapsus passiert. Großaspach lässt grüßen! Mit der knappen Führung ging es in die Kabine.
Unter den 8.133 Zuschauern schienen die knapp 1.200 Fans im Lauterer Block ihren Augen nicht zu trauen und mussten sich zur Pause erst mal sammeln. Der Trainer würde in der Kabine schon die richtigen Worte finden und das schläfrige Kollektiv entsprechend wachrütteln. Doch weit gefehlt. Nach dem Seitenwechsel beschränkte sich Halle in souveräner Manier zunächst darauf, den Vorsprung zu verwalten. Der FCK hatte im zweiten Durchgang durchaus mehr Ballbesitz, wirkte aber weiter ideenlos und hilflos. Lediglich eine Möglichkeit, die man als Torchance werten könnte, ließ sich für die Roten Teufel in die Statistik kritzeln. Einen Freistoß von Mads Albaek konnte Kai Eisele im Kasten der Hallenser sicher parieren (53.). Ansonsten fehlte es dem FCK in allen Belangen, um überhaupt ein druckvolles Spiel aufzubauen, aus dem sich hätten gefährliche Torchancen ergeben können. Halle stand gut, machte auch im zweiten Durchgang früh die Räume dicht, suchte beherzt die Zweikämpfe und beschränkte sich auf Konter.
Einer der Gegenangriffe in der Schlussviertelstunde sorgte auch für die Entscheidung. Einmal mehr war es Gino Fechner, der mit einer ungeschickten Aktion auf dem linken Flügel einen Freistoß verursachte. Torschütze Baxter Bentley Bahn legte sich das Leder zu recht, servierte eine feine Flanke vors Lauterer Tor, wo der zuvor eingewechselte Sebastian Mai völlig frei und unbedrängt hochstieg und mit einem wuchtigen Kopfball das 2:0 erzielen konnte (84.). Da fehlte neben der Zuordnung auch der nötige Biss im Defensivverbund des FCK. Auch insgesamt 5 Minuten Nachspielzeit vermochten kein Signal mehr sein, nochmal die Ärmel hochzukrempeln. Wie auch, wenn schon in der vorangegangenen Spielzeit die 1.200 Lauterer Kehlen, die nach dem zweiten Treffer weitestgehend stumm geblieben waren, schon nicht gereicht hatten als Motivations-Opium Wirkung zu zeigen. So blieb es bis zum Abpfiff beim 2:0 für die Hausherren, die damit einen völlig verdienten Sieg eingefahren hatten.
Der FCK-Tross wirkte nach dem Abpfiff konsterniert. Dennoch wagte die Mannschaft den Gang zur Kurve, aus der zunächst keineswegs freundliche Töne entgegenschlugen. „Die fahren hunderte Kilometer und sehen dann so einen Dreckskick. Etwas anderes kann man dazu nicht sagen“, zeigte Kapitän Florian Dick Verständnis für die Reaktionen auf das blamable Desaster. So suchten er, Christoph Hemlein, Lukas Spalvis und Mads Albaek auch das Gespräch am Zaun vor der Fankurve. Eine Geste, die sicher die einzigen Pluspunkte gewesen sein dürften, die sich das Team gestern verdiente und die auch dazu beigetragen hatte erste Wogen zu glätten. Zumindest gab es vor dem Gang in die Kabine noch einmal aufmunternden Applaus, wenn auch eher verhalten. Als Alarmzeichen sollte es die Mannschaft dennoch verstehen. Bei vielen Fans schrillen bereits am vierten Spieltag die Alarmglocken.
In Gazetten der Boulevard-Presse wird sogar bereits offen über die Frage spekuliert, ob Cheftrainer Michael Frontzeck in der noch jungen Saison bereits vor dem Aus stünde. Mit zu einer solchen spekulativen Ohrfeige beigetragen haben dürfte auch die Anwesenheit von Thorsten Lieberknecht gestern im Kurt-Wabbel-Stadion. Dass die Mannschaft sich noch finden muss, ist bei dem neuerlichen Umbruch eine logische Gesetzmäßigkeit. Das wussten die Verantwortlichen von Anfang an. Nicht umsonst hatten Sportchef Martin Bader und Cheftrainer Michael Frontzeck auf eine lange Vorbereitungszeit gesetzt, waren als erster aller Drittligisten bereits am 10. Juni in die Vorbereitung gestartet. Dass noch nicht alle Abläufe sitzen und dass in allen Mannschaftsteilen noch Feinjustierung notwendig ist, das hat man auch in den Partien in Großaspach und zuhaue gegen Münster gesehen. „In den anstehenden Heimspielen müssen wir ein ganz anderes Gesicht zeigen“, gab Timmy Thiele schon mal die dringend notwendige Änderung bei der Einstellung vor. Dazu gehört sicher auch eine sichtbar veränderte Spielkultur und die Lösung der Aufgabe, dass die Mannschaft zu lange braucht, um in ein Spiel reinzukommen.
Vor allem bei der Spieleröffnungen, fragt man sich als außenstehender Betrachter bisweilen, warum gefühlt nahezu 70 Prozent der Zuspiele ins vordere Mittelfeld oder in die Spitze mit langen Bällen erfolgt. Fehlen der Mannschaft spielerische Lösungen den Spielaufbau direkt auf dem grünen Rasen aufzuziehen anstatt den Luftraum zu nutzen um offensiv zu agieren? Aber nicht nur daran sollte gearbeitet werden. Schon Preußen Münster hat diese Schwachstelle bloßgelegt. Früh anlaufen, früh stören, dann ist es auf FCK-Seite vorbei mit der Herrlichkeit. Das war in Halle gestern noch eklatanter sichtbar geworden. Wie in den vergangenen Jahren, drohen auch in dieser Spielzeit schon zu Saisonbeginn „Wochen der Wahrheit“. Allein die kommenden beiden Partien haben es in sich. Nächste Woche steht die DFB-Pokal-Partie gegen Hoffenheim an, ehe eine Woche später der KSC auf den Betzenberg kommt. Klangvolle Begegnungen, die eine volle Hütte verdient hätten. Aber diese Perspektive dürfte die Mannschaft mit dem gestrigen Ergebnis und der gestrigen Leistung erst einmal verspielt haben.
mg
Vielen Danke für die hervorragende Analyse.