Von wegen, „so schnell schießen die Preußen nicht“!
Der 1.FCK verschenkt eine 1:0 Führung und unterliegt in der Nachspielzeit
Immerhin 22.881 Zuschauer wollten bei drückend schwüler Witterung das zweite Heimspiel des 1.FCK gegen Preußen Münster sehen. Beachtlich, für einen Dienstagabend, um 19 Uhr, in der dritten Liga! Auch wenn das Stadion damit längst nicht so prall gefüllt war wie beim Auftakt gegen die Löwen aus München, die Kulisse war gestern über weite Strecken überragend. Das Ergebnis aus Sicht des Lauterer Anhangs nach dem Schlusspfiff indessen weniger. Mit 1:2 unterlag der 1.FCK gegen einen Gegner, der bereits zum Ligaauftakt auswärts ein Ausrufezeichen gesetzt hatte und mit 4:1 bei Fortuna Köln gewann. Der FCK ging nach der Pause durch einen Treffer von Kevin Kraus schnell in Führung (50.). Eine Viertelstunde vor dem Ende egalisierten die Gäste. Nach einem Freistoß des eingewechselten Martin Kobylanski, den Jan-Ole Sievers bravourös entschärfte, verwertete Fabian Mendig den abgewehrten Ball. In der Nachspielzeit nutzte dann Martin Kobylanski einen weiteren direkten Freistoß und verwandelte unhaltbar zum 2:1 für die Preußen.
Die Gäste machten gestern vom Anpfiff weg keinen Hehl daraus, dass sie keineswegs gewillt waren das Auswärtsspiel am Betzenberg diplomatisch lösen zu wollen. Vom Anpfiff weg legte die Mannschaft von Marco Antwerpen den Turbo ein, machte vor allem über den rechten Flügel richtig Druck und kam in den Anfangsminuten schon zu guten Möglichkeiten. Tobias Warschewski setzte dabei gleich zweimal Duftmarken, verpasste die Führung aber jeweils (2.+3.). Der FCK brauchte bis zur 10. Minute, ehe erstmals eine Möglichkeit zu verbuchen war. Nach einer Flanke von Christoph Hemlein zog Hendrik Zuck direkt ab, semmelte das Leder aber über den Querbalken. Erst nach einer Viertelstunde, merkte man, dass die Roten Teufel nun mehr und mehr in die Partie kamen und das Heft in die Hand nahmen. Allerdings ohne vor dem gegnerischen Tor wirklich überzeugend und effizient zu agieren. So auch in der 21. Minute. Ein schlampiger Abstoß des Münsteraner Keepers kam direkt bei Julius Biada an, der Timmy Thiele steil schickte. Der wuchtige Angreifer zog dann aber gegen Schlussmann Oliver Schnitzler den Kürzeren.
Man merkte der Mannschaft von Michael Frontzeck an, dass sie sich in die Partie rein ackern musste. Das entsprechende Doping dafür kam von der Kulisse. Jede Grätsche, jeder Ballgewinn, jede gelungene Aktion wurde von den Rängen teilweise frenetisch gefeiert. Das beflügelte die Jungs im roten Dress zwar, doch wirklich zwingend wurden die Aktionen vor dem gegnerischen Tor damit nicht. Es fehlt in vielen Teilen noch immer die Präzision. Seien es die Flanken vors Tor, die Kurzpässe in der Vorwärtsbewegung oder die Souveränität bei Kopfbällen. Es fehlt auch noch an der Inspiration Lücken in der gegnerischen Defensive zu antizipieren um mit dem nötigen Mut Distanzschüsse abzusetzen oder mit Dribblings in die Bresche zu gehen. Im Moment bügelt die Mannschaft vieles durch unbändigen Willen, durch leidenschaftlichen Einsatz und durch kämpferische Haltung aus. Die Saison ist noch jung und das Potential hier noch vieles zu verbessern birgt der Kader in jedem Fall.
Die Münsteraner standen nun nicht mehr ganz so hoch, setzten aber immer wieder mit schnellen Offensivaktionen auch Nadelstiche. Vor allem André Hainault hatte auf der linken Abwehrseite so seine liebe Mühe. Insgesamt wirkte im ersten Durchgang die Defensive der Roten Teufel nicht immer souverän. In der 38. Minute zog René Klingenburg aus spitzem Winkel einen tückischen Freistoß vors Lauterer Tor, den Jan-Ole Sievers grade noch so entschärfen konnte. Bei einem anschließenden Flankenversuch von Simon Scherder stieg Janek Sternberg im Strafraum zum Kopfball hoch, wobei der Ball an seinen über dem Kopf erhobenen Arm prallte. So mancher Schiedsrichter hätte hier auch auf Strafstoß entschieden, doch Referee Robert Kempter ließ weiterspielen. Mit dem Remis ging es auch zum Pausentee.
Im zweiten Durchgang kam Lukas Spalvis für Julius Biada. Der Wechsel beflügelte das Angriffsspiel der Lauterer. So war es in der 50. Minute auch der lange Litauer, der nach einem Einwurf von Florian Dick einen Ball an der Strafraumgrenze klug liegen ließ, der mit aufgerückte Kevin Kraus zog aus dem Rückraum ab und jagte das Leder per Aufsetzer durch die gegnerische Abwehr hindurch in die Maschen. Die Führung für Kaiserslautern. Doch Heidemann im direkten Gegenzug schon fast der Ausgleich. Niklas Heidemann setzte einen Schuss Richtung Lauterer Tor ab, der von Kevin Kraus noch leicht abgefälscht wurde und nur haarscharf am Tor vorbei strich (52.). Der FCK spielte nun dennoch druckvoll, wirkte souveräner und sicherer als noch im ersten Durchgang. Man merkte, dass der Wille da war, die Vorentscheidung erzielen zu wollen. Einen herben Dämpfer erlitten die Lauterer Bemühungen als in der 67. Minute André Hainault von seinem Gegenspieler einen unabsichtlichen Faustschlag ins Gesicht bekam und mit Nasenbeinbruch ausgewechselt werden musst. Für ihn kam Özgür Özdemir.
In der 74. Minute dann der nächste Nackenschlag. Nach einem Ballverlust und einem anschließenden Foul von Gino Fechner kamen die Münsteraner knapp vor der Strafraumkante zu einem Freistoß. Ausgerechnet der eingewechselte Martin Kobylanski servierte so einen scharfen geschossenen Ball auf den Lauterer Kasten, den Jan-Ole Sievers mit einer feinen Glanzparade zwar entschärfte, doch der abgewehrte Ball fiel Fabian Menig direkt vor die Füße, der zum 1:1 einschob. Der FCK blieb am Drücker, wollte den Sieg. Die Münsteraner hielten mit Vehemenz dagegen und wollten den einen Punkt unbedingt mitnehmen. Die Stimmung war angespannt. Nicht nur auf dem Feld und auf den Tribünen. Nach einem Gerangel mit einem Münsteraner Spieler, der den Ball nicht ins Spiel zurückbrachte, verwies Schiri Robert Kempter die torwartlegende Gerry Ehrmann auf die Tribüne. Ein gellend giftiges Pfeifkonzert quittierte die Entscheidung. Nicht die einzig fragwürdige am gestrigen Abend. In der 84. Minute brachte Michael Frontzeck mit Elias Huth einen frischen Angreifer. Der gestern glücklose Timmy Thiele musste weichen. Doch die Wirkung blieb aus. Zu wenig zwingend war das Anrennen der Hausherren in der Schlussphase, die mit einem bitteren Schlusspunkt enden sollte.
In der zweiten Minute der Nachspielzeit erarbeiteten sich die Gäste erneut einen Freistoß aus aussichtsreicher Position. Es war wieder Martin Kobylanski, der sich den Ball bereit legte und das Leder mit Effet ins linke obere Toreck jagte (90.+2). Während die knapp 400 Gästefans im Osten und die in grün-schwarz gekleideten Akteure Freudentänze vollführten, verstummte die Wucht der Westtribüne zunächst wie paralysiert. Doch auch in den verbleibenden beiden Minuten hatten die Roten Teufel noch die Chance wenigstens einen Punkt zu behalten. Doch den geschlenzten Schuss von Mads Albaek parierte der Keeper der Westfalen gerade noch so zur Ecke (90.+4). Am Ende blieb es beim 2:1 für die Gäste. Eine bittere Niederlage, die wie ein Tiefschlag in die Magengrube anmutet. Die Enttäuschung war den Jungs von Michael Frontzeck anzumerken. Die sofortige Trotzreaktion kam aus der Kurve. „Auswärtssieg, Auswärtssieg“, skandierten die Fans aus dem Westen und zollten der Mannschaft aufmunternden Applaus.
„Wir haben in allen Mannschaftsteilen und in allen Regionen noch Nachholbedarf“, resümierte Stürmer Timmy Thiele selbstkritisch die Defizite, die letztlich zu der bitteren Niederlage geführt hatten. FCK-Torschütze Kevin Kraus mahnte auch etwas konkreter an, man hätte die Situationen, die zu den Standards führten vorher bereinigen müssen. Es wartet in den kommenden Wochen noch viel harte Arbeit auf das Trainerteam und die Mannschaft. Mit der Fehleranalyse und der Fehlerbehebung sollte auch schnellstens begonnen werden, denn die bevorstehenden Partien haben es in sich. Schon am kommenden Samstag geht es zum Halleschen FC, der gestern Abend beim Tabellenführer in Jena mit 3:0 eine Duftmarke setzte. Eine Woche später steht dann das schwere Pokalspiel gegen die TSG Hoffenheim auf der Agenda, ehe am letzten Augustwochenende das Derby gegen den KSC ansteht, der gestern Abend ebenfalls dreifach in der Fremde punktete. Reizvolle Partien, die viel Brisanz bergen. Wir sollten nicht lange warten und einfach schießen, so wie die Preußen gestern Abend.
mg
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