Vorbei ist, wenn’s vorbei ist…
Trotz Platz vier in der Tabelle, abgerechnet wird am Schluss
Mehr als 3.000 Fans waren aus der Pfalz und aus vielen anderen Ecken der Republik nach Sachsen gereist, um ihren FCK zu dem erhofften Sieg gegen den FC Erzgebirge Aue zu unterstützen. Aber auch im vierten Anlauf schaffte es der 1.FCK nicht drei Punkte aus dem Erzgebirge mit in die Pfalz zu nehmen. Nach einer spielerisch eher durchschnittlich bis mäßigen aber überaus spannenden Partie müssen sich die Roten Teufel erneut mit einer Punkteteilung gegen den Traditionsclub aus Sachsen zufrieden geben. Dabei wäre ein Sieg im beschaulichen Aue so wichtig gewesen, um Träume vom Aufstieg in die 1. Liga realistisch zu gestalten.
Beschaulichkeit und Gemütlichkeit, zwei Prädikate, die man als Gast in Aue durchaus mitnehmen darf. Fußballatmosphäre nach dem Modell Old School, mit Bratwurst und Steak vom Holzkohlegrill, Bier zu mehr als moderaten Preisen und einer Arena, die sich landschaftlich reizvoll ins Lößnitztal einbettet, ein wenig betagt anmutet aber dennoch mit einem sympathischen Charme daherkommt und bei manchem ganz alten FCK-Recken schemenhafte Erinnerungen an Betzenberg-Bilder aus den 1960er Jahren wecken dürfte.
Die Ausgangssituation war klar. Für beide Teams wäre ein Sieg die Grundvoraussetzung gewesen, um aus einer einigermaßen gesicherten Position heraus am kommenden Wochenende in den letzten Spieltag zu gehen und dort etwas entspannter die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Klassenerhalt auf der einen Seite, Direkt-Aufstieg in die 1. Liga auf der anderen Seite. Obwohl Kosta Runjaic in seiner Startelf am vorletzten Spieltag mit zwei etatmäßigen Stürmern ins Rennen ging, sollte Stabilität in der Defensive erste Voraussetzung für den Erfolg im Erzgebirge sein. Tobias Sippel stand nach seiner Verletzung daher erstmals wieder im Tor. In der Innenverteidigung ging Tim Heubach für Dominique Heintz an den Start. Zudem mussten noch Kerem Demirbay und Karim Matmour weichen, für sie liefen André Formitschow und Philipp Hofmann auf. Die ersten Minuten der Partie waren durch Taktik geprägt, wobei beide Teams in Ansätzen versuchten, sich aus dem Korsett zu lösen.
Den Bemühungen der Heimmannschaft mit schnellem Kurzpassspiel vor das Lauterer Tor zu kommen, stand die konzentrierte Defensive der Jungs von Kosta Runjaic mehr als einmal im Wege. Dem FCK gelang außer kontrolliertem Ballbesitz und zaghaften Ausflügen über die Außenbahnen nicht viel in punkto Torgefährlichkeit. Schon in der siebten Minute drohte dann die Taktik des FCK allerdings den Bach runter zu gehen. Stefan Mugosa wurde halb links steil angespielt, der bissig ackernde Michael Schulz bot Paroli und bekam die scharfe Hereingabe des Lauterer Leihspielers seitlich ins Gesicht. Schiedsrichter Peter Sippel war wohl im Glauben, dass der ebenso nach vorn gestreckte linke Arm des Lauterer Defensivmannes die Flugbahn des Balles stoppte und zeigte sofort auf den Punkt. Wütende Proteste der FCK-Spieler und der Lauterer Bank waren die Folge. Der Schiri nahm die Entscheidung nach kurzer Rücksprache mit seinem Assistenten an der Linie allerdings zurück und entschied auf Eckstoß. Alles andere wäre allerdings einmal mehr ein Witz gewesen, der nach bisher drei strittigen Elfmeterentscheidungen gegen den FCK in der laufenden Saison mehr als nur einen merkwürdigen Beigeschmack gehabt hätte.
Der nächste Aufreger sollte nicht lange auf sich warten. In einem Luftkampf mit Tobias Sippel, blieb der Auer Stipe Vucur benommen liegen. Doch die Aktion war regelgerecht, der Lauterer Keeper war eindeutig zuerst am Ball und seine Abwehraktion gallt auch nur diesem. Damit muss man eben rechnen, wenn man sich mit einem Gerry-Ehrmann-Schüler auf einen solchen Fight einlässt. Der FCK war in der Folge bemüht wieder mehr Ruhe ins Spiel zu bekommen und auch die eigenen Nerven wieder stramm zu ziehen. Der zelebrierte Routine-Fußball ließ allerdings kaum Torgefahr für den Kasten der Veilchen aufkommen. Aber genau das war es, was der FCK brauchte und was Kosta Runjaic unter der Woche mehrfach forderte, Tore, Männer, Tore, Tore!
So waren die halbwegs aussichtsreichen Gelegenheiten von Markus Karl mit einem Distanzschuss (15.) oder Simon Zoller mit einem Kopfstoß (24.) und einem weiteren Schussversuch von Alexander Ring (25.) auch eher Verlegenheits-Chancen. Aue behielt hingegen seine Linie bei und schuf mehr als einmal gefällige Spielszenen, bei denen im Mittelfeld die Lauterer Akteure gegen das Kombinationsspiel der Hausherren mehr als blass aussahen. Viel zu oft konnte erst die Defensivreihe der Gäste dafür sorgen, dass Tobias Sippel bis dahin nicht wirklich den letzten sicheren Griff tun musste. Für die erste echte Lauterer Torchance dauerte es bis zur 31. Minute. Chris Löwe zimmerte einen Freistoß aus Strafraumnähe mit Schmackes aufs rechte Toreck. Martin Männel im Auer Tor musste sich schon mächtig strecken um den platzierten Schuss noch zu entschärfen. Der abgewehrte Ball fiel Willi Orban vor die Füße, der zwar gedankenschnell abzog, aber wohl zu unkonzentriert das Leder ans Außennetz drosch.
Die Schlussminuten der ersten Halbzeit gehörten eher den Sachsen, die mehr Gefahr erspielten. Alexander Ring hinderte dabei Rico Benatelli in der 38. Minute am Torerfolg und nur eine Minute später musste sich der Lauterer Keeper erneut gegen den Auer Mittelfeldspieler erstmals richtig strecken. Torlos ging es in die Kabinen. Auf den Tribünen im FCK-Lager Ernüchterung. Das war bisher zu wenig und wenn hier noch was gehen soll, dann müssen mehr Mut, mehr Risiko und mehr Zug aufs gegnerische Tor auf den Platz!
Beide Mannschaften kamen unverändert vom Pausentee zurück. Der FCK erarbeitete sich zwar optische Vorteile, aber der ersehnte Ruck mit Wucht auf die Führung zu drängen blieb weiter aus. Frühe Chancen auf FCK-Seite mit einem Freistoß durch Chris Löwe (50.) und dem immer gefährlichen Bobby Wood, den Löwe am Schussversuch grade noch hindern konnte (51.) sorgten weiter für die Pari-Situation in der Partie. Der FCK arbeitete sich wieder ins Spiel und hatte Mitte der 2. Halbzeit durchaus die Chancen zur Führung. Markus Karl mit einem platzierten Schuss in der 64. Minute, den der Auer Keeper entschärfen konnte. Dazu Simon Zoller in der 66. Minute mit einer sogenannten hundertprozentigen Kopfballchance, die Männel aber gerade noch so von der Linie kratzte.
Mit Erik Thommy und Kerem Demirbay kamen zwar frische Kräfte ins Spiel, aber wirkliches Powerplay und druckvolle Torgefahr von Seiten der Gäste blieben dennoch aus. Die dicksten Möglichkeiten auf den Siegtreffer hatte dann eher Erzgebirge Aue, als Bobby Wood allein auf Torhüter Sippel zulief aber gegen den glänzend aufgelegten Lauterer Keeper den Ball nicht im Tor unterbrachte (84.) sowie Kortzog, der ebenfalls am Lauterer scheiterte. Außer zwei aussichtsreichen Eckbällen in der Nachspielzeit sollte für die Jungs vom Betzenberg allerdings nichts mehr herausspringen. Es blieb beim insgesamt gerechten torlosen Unentschieden.
Wie sagte eine Freundin treffend, „es gibt nichts Schlimmeres, wie wenn die Geilheit fehlt…in der Liebe und im Fußball!“ Ein passendes Resümee zu der gestrigen Partie. Tobias Sippel sank nach dem Abpfiff als erster zu Boden und hielt sich die Hände vor’s Gesicht. Auch der Rest der Mannschaft war sich binnen Sekunden der neuen Situation im Aufstiegsrennen bewusst. In den Gästeblöcken war es beängstigend still.
Die Endergebnisse von den anderen Plätzen waren längst Realität, der 1.FCK steht vor dem letzten Spieltag nur noch auf Rang vier der Tabelle. Optisch ein Schlag ins Gesicht, vergegenwärtigt man sich vor allem die glänzende Ausgangsposition nach dem 30. Spieltag und dem Auswärtssieg in Bochum. Nun werden die Roten Teufel auf Schützenhilfe von St.Pauli und von 1860 München angewiesen sein, die in Darmstadt und Karlsruhe gastieren. Aber ob diese Erwartung erfüllt wird, steht in den Sternen und macht auch nur Sinn, wenn das Heimspiel gegen den FC Ingolstadt, der am gestrigen Sonntag den Aufstieg in Liga 1 perfekt machte, auch gewonnen wird. Eine nervenaufreibende Rechnerei, die vor allem im Lager der Fans der Roten Teufel an die selbigen geht. Was in einschlägigen Foren und sozialen Netzwerken seit gestern und heute an unzähligen verschwörungstheoretischen Interpretationen, unflätigen Kommentaren, fachlichem Unsinn, an unerträglicher Häme, an Gift und Galle kursiert ist unangemessen und der Mentalität der Lauterer Fankultur nicht würdig!
Die Enttäuschung ist groß, klar. Aber es wird Zeit sich nun zu schütteln und wieder zu besinnen. Trotz der aktuellen und für den FCK beschissenen Tabellensituation ist eben noch alles drin, auch wenn man es nicht mehr selbst in der Hand hat. Die Mannschaft ist dafür in erster Linie gefragt. Sie muss nach der Leistung in Aue wieder die Linie finden, ein Spiel nicht nur mit Taktik, Ballsicherheit und Spielanteilen, sondern auch mit Emotionalität, Wucht, Wut, Körpersprache, Macht und der sichtbaren „Geilheit“ auf einen Sieg zu beherrschen und vor allem zu entscheiden. Jungs, greift doch einfach die Emotionen aus dem ersten Saisonspiel gegen 1860 München wieder auf. Mehr muss man dazu nicht sagen!
Aber auch die Zuschauer sind für kommenden Sonntag in die Pflicht zu nehmen. Das Spiel gegen den FC Ingolstadt ist bereits seit Wochen ausverkauft. Mindestens die Hälfte der Fans, die sich ein Ticket gesichert haben, haben dies in der vermeintlichen Gewissheit getan, an diesem Tag eine große Party feiern zu können.
Nun wird es so sein, dass wir erst mal neunzig Minuten ackern und zittern müssen, auf jeden Fall einen Treffer mehr brauchen als der Gegner und dann auf die Ergebnisse auf den anderen Plätzen schauen müssen. Allen, die sich ihre Eintrittskarte nur wegen der gefühlten Party-Garantie gesichert haben, sei geraten am kommenden Sonntag zuhause zu bleiben, wenn sie das Gefühl haben, der jetzigen Situation nicht gewachsen zu sein. Nörgler, Pfeifer, Spötter und sogenannte Event-Fans werden am Sonntag nicht gebraucht. Es ist leicht von der Mannschaft mehr zu fordern, aber die Giftigkeit wird auch auf allen vier Tribünen gebraucht, dessen sollte sich jeder bewusst sein, der am Sonntag kommt und für diesen Verein was übrig hat. Enttäuschung über die letzten drei Spiele hin oder her, vorbei ist, wenn’s vorbei ist und erst dann wird abgerechnet!
mg
Danke für diesen super Bericht
Liebe Grüße Conny