Mol annerschd uff die annere geguckt – FC St.Pauli
Das etwas andere Trikot der Kiez-Kicker aus Hamburg
Zum aktuellen Spieltag schauen wir uns den Gästeverein an, und zwar aus einem anderen Blickwinkel. Diesmal also der Kiez-Verein aus Hamburg, der am Sonntag in besonderem Stoff auflaufen wird.
Als der FC St. Pauli am Anfang der laufenden Saison sein neues Auswärtstrikot präsentierte, war es im Shop des Kiez-Vereins schnell vergriffen und musste nachproduziert werden. Das gesteigerte Interesse hatte sicher weniger mit dem Sponsor zu tun, einer Tochterfirma eines großen deutschen Telekommunikationsunternehmens, die Billig-Flats und Prepaid-Tarife anbietet. Es könnte eher am Ärmelsaum gelegen haben: Dort, wo am aktuellen Lautern-Trikot ein Rockabilly-Rallye-Streifen prangt, trägt der Paulianer auswärts einen Regenbogen. Ein deutlich sichtbares Zeichen für Offenheit und Vielfalt, und das in einer Saison, in der für Pauli ohnehin vieles zusammenläuft, wie es zusammengehört: Erst kam Trainer Ewald Lienen, der schon immer als alter Linker bekannt war, zu dem Klub, der sich gerne als etwas andere Alternative zu anderen etablierten Vereinen versteht. Dann stellte sich der lang ersehnte Erfolg ein: Erst gelang der Klassenerhalt, und jetzt spielt der FCSP in der 2. Bundesliga wieder oben mit.
Aber wie kam es zu dem kuriosen Auswärtstrikot? Die Idee kam vom Ausrüster Hummel. Dessen Sportmarketing-Leiter Marc-Nicolai Pfeifer verweist auf das gemeinsame Bewusstsein für Tradition und Offenheit: „Unsere Markenwerte sind annähernd deckungsgleich mit denen des Vereins.“ Und weiter: „Wir sind anders: Wir sagen, was wir denken.“ Dazu gehören für Pfeifer auch Werte, die in der Fanszene hochgehalten werden, wie eine positive Haltung gegenüber Flüchtlingen, der Einsatz gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie. „Die DFL schreibt zwar vor, dass die Trikots nicht politisch sein sollen. Aber wir haben das ein bisschen versteckt,“ sagt Marc-Nicolai Pfeifer. Ein Regenbogen-Ärmelchen hier, ein Torwarttrikot in panafrikanischen Farben da.
In Zeiten von regenbogengestreiften Facebook-Profilbildern zum Saisonstart hat der Desinger Jason Lee mit dem Pauli-Auswärtstrikot wohl „den Zeitgeist getroffen,“ wie Ausrüster Pfeifer das ausdrückt.
Wie passend, dass im Sommer Rayo Vallecano am Millerntor zu Gast war: Der spanische Erstligist aus dem Madrider Stadtteil Vallecas ist schon öfter in ausgefallenen Regenbogenfarben aufgelaufen. Bei einem Vorbereitungsspiel im Sommer gegen Rayo Vallecano stellte wiederum der FC St. Pauli seine neue Kollektion vor. Der Ausrüster hatte bei St. Pauli offene Türen eingerannt, sagt ein Vereinssprecher. Man stelle ja nicht einfach „die Regenbogenfahne aufs Dach, und damit ist es getan – wir wollen das mit Leben füllen.“ Schließlich sind Positionen gegen Homophobie in der Stadionordnung verankert, wie übrigens auch beim 1. FC Kaiserslautern.
Bei den Fans auf Pauli kam der neue Auswärts-Dress gut an: Wenn es überhaupt thematisiert wurde, dann nur positiv. Ein kleines Zeichen der Solidarität für eine Szene, in der es ohnehin dazugehört, dass der FC St. Pauli sich gegen Homophobie positioniert. Dirk Brüllau vom Fanclub Queerpass St. Pauli sagt: „Die Fanszene und besonders die Auswärtsfahrer sind da eh sehr engagiert und finden das super, aber es wird nicht groß thematisiert.“
Ein ermutigendes Zeichen für Sonntag auf dem Betzenberg, wenn auf den Ärmeln der Trikots die Regenbogen-Streifen der Gäste und die rockigen Retro-Karos der Roten Teufel gegeneinander antreten.
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