Mit Pokal alleine überleben wir nicht
Heimniederlage verschärft die Situation des FCK im Tabellenkeller
Noch nicht einmal 72 Stunden nach dem leidenschaftlichen Erfolg im DFB-Pokal am vergangenen Mittwoch, sind rund um den Betzenberg Ernüchterung und Tristesse zurück. Wer geglaubt hatte, die Mannschaft würde den Erfolg im DFB-Pokal nutzen eine Art sportliche Wende einzuläuten, sah sich bitter enttäuscht. Schon nach dem ersten Pokaltriumph Anfang August gegen den Erstligisten FSV Mainz 05, folgte im darauffolgenden Ligaspiel eine 0:3 Heimpleite gegen Eintracht Braunschweig. Nach der dramatischen Partie zur Wochenmitte gegen den favorisierten Zweitligisten 1. FC Nürnberg unterlag die Mannschaft von Boris Schommers vor 16.260 Zuschauern am heimischen Betzenberg gestern nun mit 2:3 gegen die Würzburger Kickers. Die zweite Saisonniederlage im eigenen Stadion. Die dritte Punktspiel-Pleite in Folge. Mit immer jeweils drei Gegentreffern. Die siebte Niederlage der laufenden Saison. Ergebnis der desaströsen Bilanz, Tabellenrang 18. So liest sich die Visitenkarte eines Abstiegskandidaten.
Objektiv betrachtet scheint Besserung im Abstiegskampf derzeit aber nicht in Sicht. Der FCK steht vor einer Zerreißprobe, nicht nur sportlich. Die Herausforderungen, die schon in den kommenden Wochen vor allen Verantwortlichen und den Akteuren auf dem Rasen liegen, muten gigantisch hoch an. Cheftrainer Boris Schommers skizzierte jüngst sinngemäß, dass er nicht bis Weihnachten warten könne, sich die Dinge in Ruhe anzuschauen, um dann die richtigen Schlüsse ziehen zu können. Angesichts der auch gestern auf dem Rasen dargebotenen fußballerischen Defizite, mag man sich nicht ausmalen, wo die Mannschaft des FCK denn dann am Jahresende stehen wird. Für Außenstehende war es vor allem im ersten Durchgang eine Orgie an Fehlpässen, die ein Bild zeichnen, dass diese Truppe selbst elementare Grundfertigkeiten des Fußballspielens nicht zu beherrschen scheint. Zumindest nicht so, wie man es in einer dritten Liga erwarten kann, ja erwarten muss.
Auch die alte Fußballerweisheit, dass man auch über den Kampf in eine Partie kommen und dem Gegner sein Spiel aufzwingen kann, scheint für die Mannschaft von Boris Schommers nur im Pokal zu funktionieren. Doch mit dem Pokalwettbewerb alleine überleben wir nicht! Nicht sportlich und auch nicht wirtschaftlich. Er wisse auch nicht, warum sie im DFB-Pokal die Köpfe viel freier hätten, rätselte nach dem Abpfiff Florian Pick über seine eigene gestern abgelieferte Leistung und die der Kollegen. Aber die Marschrichtung war doch eigentlich klar und verständlich. Von der ersten Minute an mit voller Konzentration im Spiel sein. Das war schon nach der Auswärtsniederlage in Chemnitz mit dem pomadigen Auftritt in der Anfangsviertelstunde, die Maxime, die Boris Schommers seinen Spielern mitgegeben hatte. Die Einstellung von Spielern ist eine elementare Voraussetzung. Auch gestern schien diese Grundtugend einigen zu fehlen. Eine andere Voraussetzung ist die Aufstellung und die damit verbundene Taktik.
Ob die noch am Mittwoch im Pokal erfolgreiche Grundordnung mit Fünferabwehrkette auch gestern ein probates Mittel sein sollte, erschloss sich zumindest den meisten Fans nicht. Zumindest schienen Trainer und Assistent schon nach 10 Minuten an der Seitenlinie an ihren Vorgaben rumdoktern zu wollen. Carlo Sickinger, Lukas Gottwalt und André Hainault im Abwehrkern sowie Philipp Hercher links und Kapitän Christoph Hemlein rechts, vermochten nach vorne jedenfalls kaum Akzente zu setzen. Über 90 Minuten schien das Mittelfeld wirkungslos. Gino Fechner zentral, gelang gestern fast nichts. Vor allem Impulse nach vorne, Fehlanzeige. Christian Kühlwetter und Manfred Starke, fast Totalausfälle. Florian Pick und Timmy Thiele mühten sich vorne redlich, aber auch die wenigen sich bietenden Chancen der beiden Angreifer blieben ohne Erfolg.
In der ersten Viertelstunde hatten die Würzburger sichtbar mehr vom Spiel, weil der FCK den Gästen auch zu viele Freiheiten ließ. Die Lauterer agierten vom Anpfiff weg zu zaghaft, zogen in den Zweikämpfen zu oft den Kürzeren, glänzten vor allem durch Fehlpässe und Stellungsfehler. Unglücklich natürlich die Situation, die zum Rückstand führte. André Hainault bekam bei einem Würzburger Angriff über die rechte Seite, beim Versuch eine Flanke von Frank Ronstadt zu blocken, im Sprung den Ball an die Hand. Die Fernsehbilder offenbaren zwar, dass der Defensivmann der Roten Teufel vor der Strafraumgrenze abgehoben hatte, doch ob der Kontakt der Hand mit dem Ball dann schon über der Strafraumlinie passierte, lässt sich auch nach mehrfachem Hinschauen nicht hundertprozentig auflösen. Der Linienrichter hatte es zumindest so gesehen. Schiedsrichter Johannes Weickenmeier zeigte auf den Punkt. Albion Vrenezi ließ sich die Chance nicht entgehen und verwandelte vom Punkt zur Würzburger Führung (14.).
Einzig der Ausgleichstreffer des FCK gab Anlass zu verhaltenem Optimismus. Nach einem Foul an Manfred Starke brachte Florian Pick eine scharfe Freistoßflanke in den Sechzehner, wo sich Philip Hercher mustergültig freigelaufen hatte und per Kopf zum 1:1 vollendete (28.). Es war die erste nennenswerte Chance der Schommers-Elf. Wohlgemerkt, nach nicht ganz einer halben Stunde. Die Hausherren agierten nun etwas druckvoller und waren jetzt besser im Spiel. Timmy Thiele verpasste es in der 34. Minute aus der Distanz das Spiel zu drehen. Sein Schuss strich knapp am Tor vorbei. Auch ein Heber von André Hainault (38.) und ein Schuss von Christian Kühlwetter, der das Tor verfehlte (45.), führte nicht zum Erfolg. Mit dem 1:1 Unentschieden ging es in die Kabine. Verlauf und Resultat für die Lauterer in der aktuellen Situation vor heimischem Publikum zu wenig.
Nach den Slapstick-Einlagen bei der Auswärtsniederlage bei den Münchner Löwen Ende September, schrieb die Lauterer Mannschaft dann gestern ein weiteres Kapitel an Peinlichkeiten in die Club-Chronik. Nur zwei Minuten nach Wiederanpfiff setzte sich Frank Ronstadt über die rechte Seite im Laufduell gegen einen zu behäbigen und zu zaghaften Manfred Starke durch, brachte das Leder scharf vors Lauterer Tor, wo Christoph Hemlein beim Versuch einer Rückgabe an Keeper Lennart Grill das Leder mit der Brust ins eigene Tor bugsierte (47.). Dilettantisch umschreibt die Situation noch einigermaßen charmant. Nur sieben Minuten später stand Kapitän Christoph Hemlein erneut im Mittelpunkt. In der 54. Minute grätscht er seinem Gegenspieler Dave Gnaase von hinten in die Beine. Auch wenn er zuerst den Ball traf, so von hinten in den Zweikampf zu gehen ist doppelt fahrlässig. Einmal, weil er eine Verletzung des Gegenspielers billigend in Kauf nimmt und einmal weil er bereits mit Gelb vorbelastet war und damit der Mannschaft einen Bärendienst erwies. Die logische Folge, gelb-rote Karte. Der FCK musste fortan in Unterzahl dem Rückstand hinterherlaufen.
Boris Schommers würdigte den Kapitän der Lauterer beim Gang in die Kabine keines Blickes! Der Trainer nahm den schwachen Manfred Starke vom Feld und brachte Janek Sternberg, was die Kulisse mit einem hörbaren Pfeifkonzert quittierte. Nach gut einer halben Stunde dann trotz Unterzahl die Chance den Ausgleich zu erzielen. Christian Kühlwetter schickte Timmy Thiele, doch dessen Schuss aus spitzem Winkel parierte Gästekeeper Vincent Müller fast mühelos (61.). Wenige Minuten später dann die Vorentscheidung. Bei einem schnellen Angriff der Gäste über rechts war Janek Sternberg gegen Fabio Kaufmann, der fast unbedrängt flanken durfte, gefühlt nur bewundernder Zuschauer, Carlo Sickinger am Fünfmeterraum verschätzte sich und Luca Pfeiffer bugsierte das Leder aus kurzer Distanz über die Linie (69.). Die Messe schien gelesen. Lediglich dem eingewechselten Simon Skarlatidis gelang in der 87. Minute nach einem feinen Solo noch der Anschlusstreffer. Die Lauterer Bemühungen in den vier Minuten Nachspielzeit vielleicht doch noch einen Punkt zu sichern, verpufften wirkungslos, es blieb beim Würzburger Sieg.
Verständlich, dass die Stimmung unter den FCK-Fans nach dem Abpfiff am Boden war. Dabei hätte der gestrige Tag bei einem deutlich erfolgreicheren Saisonverlauf des FCK, noch so manche für FCK-Fans delikate und amüsante Randnotizen auf anderen Plätzen in allen drei Ligen zu bieten gehabt. Da dilettiert der Erstliga-Rivale aus der Landeshauptstadt eine historische Niederlage und geht mit 8:0 bei RB Leipzig unter, da ziehen die Adler der Frankfurter Eintracht dem FC Bayern mit 5:1 nicht nur die Lederhosen aus, sondern regelrecht das Fell über die Ohren, da sorgt ein Fauxpas in St.Pauli für Aufregung, weil in der Begegnung der Kiezkicker gegen den Karlsruher SC statt dem Badener-Lied vor dem Anpfiff wohl versehentlich das Betze-Lied gespielt wurde und da kassiert Erzrivale Waldhof Mannheim vor heimischem Publikum in der dritten Liga eine 0.3-Heimklatsche gegen Unterhaching.
Doch angesichts der eigenen sportlichen Lage gingen den allermeisten Betze-Besuchern und FCK-Fans diese Randnotizen gestern gelinde gesagt am Arsch vorbei. Die Alarmglocken schrillen nun unüberhörbar an allen Stellen. Die regelmäßig nach solchen unbefriedigenden und teilweise unterirdischen Leistungen von einigen Akteuren in Interviews abgelieferten späten Einsichten, klingen längst wie abgedroschene Plattitüden. Die Fans sind dieser vielen Worthülsen überdrüssig, wenn nicht endlich Taten folgen. Taten und Erfolge. Nicht nur im Pokal. Vielleicht gibt es dann auch für FCK-Fans mal wieder Anlass über Begebenheiten auf anderen Plätzen zu schmunzeln. Irgendwann.
mg
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