Mit Gift und Galle den Heimnimbus gewahrt
Der 1.FCK trennt sich nach einer rassigen Partie 1:1 unentschieden gegen Leipzig
Bereits in den frühen Morgenstunden vor der Partie gegen Leipzig wurde einmal mehr die Ablehnung der Fans des 1.FC Kaiserslautern gegen das Millionen-Projekt des österreichischen Brause-Herstellers quer durch die Pfalz sichtbar. An vielen Autobahnbrücken, entlang von Bundesstraßen, im Stadionumfeld und sogar beim Mannschaftshotel im nahen saarländischen Homburg wurden Banner und Transparente platziert, die deutlich machten, was man in der Fanszene des 1.FCK vom strategischen Kommerz-Projekt auf dem Rücken des Kulturgutes Fußball hält. Von übergroßen Spruchbändern bis ins kleine Detail wurde Unmut gegen die finanziell übermächtige Konkurrenz präsentiert. Aber auch akustisch schlug den Konzern-Vertretern Gift und Galle entgegen als sie bereits zum Warmmachen den Rasen des Fritz-Walter-Stadions betraten. Vom Anpfiff weg begleitete die Sachsen jeder Ballkontakt mit einem gellenden Pfeifkonzert. Das ist die Höllenatmosphäre, die man noch aus früheren Jahrzehnten kennt, wenn es gegen den Waldhof, gegen Mainz oder gegen die ungeliebten Bayern ging! Herrlich!
31.141 Zuschauer fanden am Montagabend den Weg ins Fritz-Walter-Stadion. Schade, trotz der ungünstigen Terminierung hätte die junge Mannschaft jetzt in den letzten Spielen mehr Zuspruch auf den Rängen verdient, auch an einem Montagabend! Der nächste Heimsieg sollte her, der siebte in Folge. Das war der Plan der meisten, die kamen, um die junge Truppe auf der Zielgeraden der Saison anzufeuern. Das Kopfkino der allermeisten Besucher wurde kurz vor Anpfiff jedoch bereits angekratzt. Schon wieder die Platzwahl verloren, schon wieder zwingt uns der Gegner weg von der psychologisch geliebten Rolle, erst in Halbzeit zwei in Richtung der eigenen Support-Wand spielen wollen. Das war Auslöser für die erste akustische Welle des Zorns, die sich von den Tribünen auf den grünen Rasen ergoss. Sei’s drum.
Die millionenschweren Kicker aus Leipzig ließen sich in der Anfangsphase der Begegnung von der feindseligen Stimmung dann auch leider nicht beeindrucken oder gar nervös machen. Nervosität war eher in den eigenen Reihen zu spüren und sichtbar zu interpretieren. Betroffen davon vor allem Marius Müller, der aufgrund einer am Vortag diagnostizierten Oberarm-Verletzung bei Tobias Sippel nun ins kalte Wasser springen musste.
Noch auf zwei anderen Positionen stellte Kosta Runjaic gegenüber der Partie in Düsseldorf um. Im Mittelfeld rückte Alexander Ring für Mateusz Klich in die Startelf. Außerdem durfte Jean Zimmer von Beginn an ran, während Philipp Hofmann auf der Bank blieb. Simon Zoller agierte als einzige echte Spitze in einem 4-4-1 System. Die Leipziger kamen deutlich besser ins Spiel, schafften es immer wieder mit aggressivem Pressing den Roten Teufeln ins Konzept zu spucken. Insbesondere die hellwachen Kimmich, Teigl sowie Reyna und Poulsen befeuerten immer wieder das schnelle Umschaltspiel der Sachsen und drängten mit gekonntem Flügelspiel und schnellen diagonalen Flachpässen Richtung Lauterer Tor. Der FCK vor heimischer Kulisse sichtbar unter Druck. Reyna per Kopf vorbei (11.), Poulsens Schuss traf den eigenen Mann und ging ins Toraus (14.). Doch in der 16. Spielminute belohnten sich die Leipziger für ihre couragierte Spielweise. Alexander Ring verlor an der Mittellinie den Ball, Teigl setzte mit einem gekonnten Dribbling und einem genauen Pass Forsberg in Szene, der in den Lauf von Poulsen schob und dieser netzte halbhoch in die rechte Ecke ein.
Die Roten Teufel resignierten aber nicht. Mit hitzigen und leidenschaftlichen Zweikämpfen eroberten sich die Jungs von Kosta Runjaic ihren Respekt zurück und belohnten sich nicht minder verdient für ihr Engagement. In der 20. Minute schob Markus Karl aus dem Mittelfeld den Ball auf Kevin Stöger, der auf der linken Seite Chris Löwe bediente. Seinen fulminanten Schuss konnte der Leipziger Keeper glänzend parieren. Stögers verunglückter zweiter Versuch landete in der Mitte bei Simon Zoller, der den Ball mit dem Außenrißt ins Tor spitzelte. Ausgleich, 1:1, das Stadion brodelte. Bis zum Halbzeitpfiff blieb es spannend, hektisch, leidenschaftlich und giftig. So sorgte beispielsweise auch immer wieder Rodnei für Aufregung, der ein ums andere Mal mit Simon Zoller oder Kevin Stöger aneinander geraten war. Noch vor dem Pausenpfiff hätten sowohl Chris Löwe, der Coltorti prüfte (25.), aber auch Teigl (32.) oder Reyna (45.) ihre Teams noch einmal in Führung schießen können. Es blieb beim Remis zum Pausentee.
Nach dem Wiederanpfiff war der Spielfluss erst einmal ein wenig raus. Auf beiden Seiten zu oft, zu ungenaue Zuspiele, viel Hektik, viel Aufregung. Wirklich zwingende Tormöglichkeiten blieben aus. Die erste echte gehörte den Sachsen, als sich Marius Müller nach einem Freistoß mächtig strecken musste (62.). Dann war der FCK wieder am Zug. Sebastian Jacob, schon vor dem Wechsel für den angeschlagenen Simon Zoller gekommen, tauchte nach feinem Zuspiel von Jean Zimmer vor dem Leipziger Gehäuse auf, traf aber nur das Außennetz (64.). In der 72. Minute wurde Forsberg mit einem langen Ball bedient, schoss das Leder aus freiem Lauf aber knapp drüber. Willi Orban per Kopf (76.), Kerem Demirbay mit einer Schusschance (81.) und Alexander Ring, der aussichtsreich an Coltori scheiterte (85.) komplettierten den Chancenreigen der Lauterer in der Schlussviertelstunde. Die Sachsen blieben dennoch gefährlich.
Speziell der Däne Poulsen sorgte immer wieder für Schrecksekunden auf den Rängen, wenn er nicht entschlossen gestört wurde. Vor allem Jean Zimmer lieferte sich dabei rassige und giftige Zweikämpfe mit dem sächsischen Angreifer. Bezeichnend eine Szene in der 71. Minute, als Poulsen über links zum wiederholten Male nicht an dem unermüdlichen Wadenbeisser vorbeikam und sich einmal mehr in der Grasnarbe wiederfand. Der strafende Blick und die wuchtige Körpersprache unserer Nummer 39, als er nach dem gewonnenen Zweikampf an dem am Boden liegenden, verdutzten Poulsen vorbeistolzierte, sollten nicht weniger sagen als „schau her, so macht man das hier! Glaubste nich? Frag Philipp Lahm!“ Einfach nur geil, Jean! In der 89. Minute musste Forsberg dann nach einem Schubser mit der Ampelkarte vorzeitig in die Kabine. In Überzahl kam der FCK lediglich in der Nachspielzeit noch einmal zu einem Aufreger, als Alexander Ring nach einem feinen Konter frei vor dem Leipziger Keeper auftauchte, der sich mit breiter Brust in den Schussversuch warf und den Siegtreffer vereitelte (90.+3).
Die Rasenballsportler aus Sachsen haben der jungen Lauterer Truppe alles abverlangt. Das hatte Kosta Runjaic in den Tagen vor der Partie bereits prognostiziert. Die hitzige Begegnung zeigte aber auch, dass dieses junge Team nicht nur abgeklärten, sicheren Ballbesitz-Fußball abrufen kann, sondern auch mal einen mit spielerischen Elementen gespickten dreckigen, hingerotzten, leidenschaftlichen, kratzbürstigen Fight abliefert. Das zu wissen schafft Mut für den Endspurt und es bleibt zu hoffen, dass beide Elemente auf der Zielgeraden in der Waagschale landen, wenn sie gebraucht werden. Was gestern fehlte war einmal mehr die Abgebrühtheit einiger unserer jungen und doch so heißblütigen Akteure beim Abschluss, dazu ein Quäntchen mehr Glück aber auch deutlich mehr Besucherandrang in dieser so wichtigen Phase der Saison. Schön zwar, dass gestern mit dem Sänger Mark Forster aus Winnweiler und dem Musikproduzenten und DJ Zedd, der in Kaiserslautern aufgewachsen ist, zwei prominente Pfälzer Buben Kosta’s Rasselbande vor Ort unterstützten. Aber wie gesagt, vielleicht hätten ein paar tausend lautstarke Kehlen mehr ja auch noch ein wenig mehr bewirken können.
Beide „Ehrengäste“ fühlten sich vor und nach der Partie unten am Spielfeldrand, so nah am Geschehen bei ihren Lieblingen, sichtlich wohl. Aber ehrlich gestanden hätte die Mannschaft und der gestrige Saison-Moment auch mal eine Kulisse von mehr als 40.000 Besuchern verdient gehabt. Leute, kommt ins Stadion und helft mit die Mannschaft zu einem gemeinsamen großen Ziel zu plärren. Der nächste Anlauf vor heimischer Kulisse wäre am 9. Mai gegen den FC St.Pauli. Aber noch besser wäre, wenn wir alle den Arsch hoch kriegen und am kommenden Freitag die Arena an der Castroper Straße in Bochum zur Heim-Arena umfunktionieren. Wär doch was, oder…?
mg
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