Lupenreiner Hattrick…“alter“ Schwede…!
Drei Treffer von Sebastian Andersson bescheren Jeff Strasser Einstand nach Maß
Endlich der erste Saisonsieg, endlich ein sichtbares Zeichen! Der FCK lebt noch, der FCK lebt wieder! Mit 3:0 bezwangen die Roten Teufel gestern Abend vor 19.179 Zuschauern ihren Tabellennachbarn, die Spielvereinigung Greuther Fürth. Matchwinner dabei, der kantige Schwede mit der Rückennummer 9. Sebastian Andersson ballerte im zweiten Durchgang den FCK binnen 9 Minuten mit einem lupenreinen Hattrick auf die Siegerstraße. Damit geht die Rote Laterne der zweiten Liga mit nach Franken, während der FCK in der Tabelle einen Platz gut macht und während der Länderspielpause erst einmal auf dem vorletzten Platz stehen bleibt. Zeit zum Durchatmen, Zeit sich weiter zu finden und weiter zu festigen. Zeit für den neuen Trainer Jeff Strasser in den jetzt anstehenden zwei Wochen seine Mannschaft, seine Jungs noch intensiver wahrzunehmen und noch intensiver mit seiner Idee von Fußball zu impfen. In den letzten beiden Tagen seit der ehemalige FCK-Profi aus Luxemburg das Ruder auf dem Cheftrainersessel am Betzenberg übernommen hatte, ging es vor allem darum die Unsicherheit aus den Köpfen zu bekommen. Unsicherheit, die in den zurückliegenden Wochen, die Spieltag für Spieltag für beängstigende Lähmung gesorgt hatte. Auf dem Platz und außerhalb.
Als Jeff Strasser in der 84. Minute Sebastian Andersson vom Feld nahm und den jungen Torben Müsel einwechselte, griff sich der Coach den Dreifachtorschützen an der Seitenauslinie, packte ihn an den Schultern und redete gestenreich auf ihn ein. Erst nach dem sekundenlangen Redeschwall gab es einen anerkennenden Klaps und einen solide Handschlag für den kantigen Schweden. Jeff Strasser agierte 90 Minuten lang engagiert, lautstark und konzentriert an der Außenlinie, puschte seine Mannschaft, feuerte an, korrigierte, half wo er nur konnte. Auch der Mann aus Luxemburg werde binnen weniger Tage noch nicht viel bewirken können, war die einhellige Meinung der meisten selbsternannten Fußballexperten. Doch es waren so viele kleine Veränderungen, die schon gestern Abend griffen und den FCK in einem ganz anderen Licht erscheinen ließen als in den Tagen und Wochen davor. Noch eine Kostprobe gefällig? Als gegen Ende der ersten Halbzeit der junge talentierte Joel Abu Hanna auf der linken Seite fast auf Höhe des eigenen Strafraumes einen Fürther im Offensivmodus stellte und anging, dieser mit Ball Richtung Mittellinie abdrehte, wollte der aus Leverkusen ausgeliehene Neuzugang schon ablassen. Nix da! Jeff Strasser brüllte, klatschte, gestikulierte, animierte nicht nachzulassen. Der Youngster blieb bissig, blieb dran und das Spiel verlagerte sich komplett in die Hälfte der Gäste aus Franken.
Nur zwei Szenen auf und neben dem Feld, die den Anschein zulassen, dass mit Jeff Strasser wieder ein neues altes Fußballverständnis auf dem Betzenberg Einzug halten könnte. Ehrlicher, kämpferischer, mutiger Fußball. Betze-Fußball, wie ihn eigentlich Norbert Meier schon versprochen hatte. Eine unverkennbare Andersartigkeit gegenüber den Wochen davor, auch das äußere Erscheinungsbild des ehemaligen Defensivmannes, der in saloppem lockerem Dress, bekleidet mit Sportschuhen, Jeans, schlichtem Pulli und hochgekrempelten Ärmeln daherkam. Allein das war schon Sinnbild in Reinkultur!
Auch auf dem Rasen entschieden Kleinigkeiten. Im ersten Durchgang agierten beide Mannschaften durchaus auf Augenhöhe. Die Gäste kamen in den ersten Minuten sogar etwas besser ins Spiel. Schon in den Anfangsminuten Schrecksekunde im Lager der Roten Teufel, als Marius Müller vor dem Tor ausrutschte, Ex-FCK-Stürmer Philipp Hoffmann aber nicht mehr entscheidend an den Ball kam. Lagen da doch noch die Nerven blank? Wer hätte sich bei der seit Wochen verunsicherten Truppe im roten Trikot letztlich groß gewundert. Es stand so viel auf dem Spiel. Jeff Strasser ging mit einem variablen 3-4-3 System in die Partie. Marcel Correia, Leon Guwara und Daniel Halfar fielen verletzt aus, Baris Atik musste auf der Bank Platz nehmen. Dafür rückten Stipe Vucur, Benjamin Kessel, Gervane Kastaneer und Joel Abu Hanna, der auf der linken Defensivseite sein Debüt gab und bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung in der 59. Minute eine glänzende Vorstellung abgab. Vor allem der robuste Youngster verkörpere am gestrigen Abend die notwendige Mentalität, wie man sie vom Betze aus früheren Jahren kennt. Er grätschte, ackerte, wühlte und biss gegen alles und jeden, was sich auf seiner Seite im weißen Dress in die Lauterer Spielhälfte eindrang. Der Junge wird uns noch viel Spaß machen!
Die ersten Minuten standen auf Lauterer Seite im Zeichen der mentalen Selbstfindung. Hinten kompakt stehen und stabil arbeiten, um Sicherheit zu gewinnen. Nach einer knappen Viertelstunde hatte sich der FCK ins Spiel gearbeitet und agierte nun zusehends auch im Vorwärtsgang. Der gestern glänzend aufgelegte Philipp Mwene servierte zweimal in Tornähe, doch sowohl Gervane Kastaneer (13.) als auch Sebastian Andersson (15.)verpassten per Kopf. Es entwickelte sich ein munteres Spiel, bei dem die Gäste im ersten Durchgang lediglich durch Standards Gefahr signalisierten. Der FCK indessen machte vor allem auf der rechten Seite über Philipp Mwene und Manni Osei Kwadwo ordentlich Tempo. Einzig klare Torchancen sprangen nicht heraus. Ein torloses Unentschieden zum Pausenpfiff. Ein Teilerfolg oder zu wenig für die Wende? Die Fans auf den Tribünen hatten reichlich Diskussionsstoff während des Pausenbierchens, Optimismus und Pessimismus dürften sich die Waage gehalten haben. Cheftrainer Jeff Strasser jedenfalls applaudierte seiner Elf bereits beim Gang in die Kabine.
Nach dem Wechsel wieder die erste Schrecksekunde auf Seiten des FCK. Nach einer Ecke der Gäste kam Richard Magyar als erster an den Ball, aber Marius Müller parierte den Kopfstoß des Fürthers mit Bravour (50.). Als in der 59. Minute Brandon Borello für Joel Abu Hanna kam, der aufgrund eines schmerzhaften Wadenkrampfes raus musste und nur eine Minute später Jeff Strasser Osayamen Osawe für den ebenfalls angeschlagenen Gervane Kastaneer brachte, erhielt das Lauterer Spiel noch einmal einen kräftigen Offensivschub. Das ohnehin schon engagierte und lautstarke Publikum brannte nun ein akustisches Dauerfeuerwerk ab, wie man es seit langem nicht mehr erleben durfte. Ein Lärmpegel, der eher an eine Kulisse deutlich jenseits der Dreißigtausender-Marke erinnerte!
In der 71. Minute belohnten sich die Roten Teufel dann endlich. Philipp Mwene flankte von links, Balazs Megyeri im Tor der Kleeblätter unterlief den Ball, Sebastian Andersson war zur Stelle und köpfte wuchtig ins Netz (71.). Nach dem tosend bejubelten Führungstreffer des FCK ging es dann erst richtig ab. Nur drei Minuten später chippte Christoph Moritz den Ball gekonnt quer über die gesamte Gästeabwehr direkt auf den Fuß von Brandon Borello, dessen Hereingabe vors Tor bekamen die Gäste nicht weg, Manni Osei Kwadwo legte zurück auf Sebastian Andersson und der ballerte die Kugel aus knapp 11 Metern neben dem rechten Pfosten ins Netz (74.). Auch damit noch nicht genug! In der 80. Minute bediente Brandon Borrello mit einem Steilpass Gino Fechner, der sich im Strafraum durchsetzte und mit viel Übersicht zu Sebastian Andersson querlegte, der freistehend den Ball zu seinem dritten Treffer ins Tor schob. Der schnellste Hattrick des 1.FCK in der zweiten Liga! Nur vier Minuten nach seinem letzten Treffer verließ der Dreifachtorschütze unter stehenden Ovationen den Platz, für ihn kam Torben Müsel, der für ein paar Minuten nochmal Zweitligaluft schnuppern durfte. Kurz danach war dann Schluss, Schiedsrichter Sören Storks pfiff nach zwei Minuten Dreingabe die Partie ab.
Die Erleichterung war der Mannschaft nach dem Abpfiff deutlich anzumerken. Wobei auch hier Jeff Strasser gleich auf die Euphorie-Bremse trat. „Wir werden keine Freudentänze aufführen. Wir haben einen kleinen Schritt nach vorne gemacht. Es liegt noch viel Arbeit vor uns“, richtete der Coach kurz nach dem Abpfiff den Blick bereits nach vorne. Dennoch wird auch von dem einen oder anderen Verantwortlichen gestern eine zentnerschwere Last abgefallen sein. Sinnbild dafür, der Jubellauf von Gerry Ehrmann nach dem zweiten Treffer, als das FCK-Urgestein explodierend von der Bank aufgesprungen war, in ungezügeltem Lauf Richtung Westtribüne sprintete und sich dort in den feiernden Pulk Roter Teufel warf, um mit den Jungs zu jubeln. Hoffen wir mal, dass durch die Aufprallwucht der heranfliegenden Muskelwand bei keinem Schäden entstanden sind.
Aber nicht nur auf den Tribünen und auf dem Feld lagen sich die Leute in den Armen, wurde auch die eine oder andere Freudenträne vergossen, auch bei dem einen oder anderen Offiziellen war die Erleichterung anzumerken und zeigte deutlich welch ein mörderischer Druck auf allen und allem lastete, was nur nach FCK roch. „Ich will jetzt einfach nur noch heim“, zeigte sich Finanzvorstand Michael Klatt nach der Partie in der Fanhalle der Nordtribüne beim Gespräch mit Fans zwar erleichtert, aber auch sichtlich gezeichnet von den Anstrengungen der letzten Wochen.
Wer will es ihm verdenken, hält man sich beispielsweise die Meldung und die Schlagzeilen vor Augen, die in den letzten Tagen aus dem Lauterer Rathaus zu vernehmen war. Nach einer formalen Anfrage einer Fraktion an die Stadtspitze um ein denkbares Worst-Case-Szenario im Falle eines FCK-Abstieges, hatte wieder einmal das blutrote Schmierenblatt aus dem Axel-Springer-Verlag in bester Boulevard-Manie die interpretierte Schlussfolgerung in Umlauf gebracht, die Stadt trage sich mit dem Gedanken das Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg abreißen zu lassen! Für jeden FCK-Fan war allein der Gedanke an diese Option ein Stich ins Herz. Aber wie kommentierte Hans-PeterBriegel hierzu treffend, „Denkmäler reißt man vielleicht im Irak ab, aber nicht hier!“ Die Verantwortlichen täten gut daran, sich bei sowas endlich auch mal zu wehren und nicht nur via Pressemitteilung oder Stellungnahme, sondern laut und deutlich! Auch damit die Mannschaft jetzt in Ruhe arbeiten kann. Mit dem Mann, der sie offensichtlich erreicht, dem sie vertraut und der auch ihr vertraut.
mg
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