Eisenharte Klatsche stürzt 1.FCK ins sportliche Nirwana
Die Roten Teufel kommen bei der 5:0 Niederlage in Berlin komplett unter die Räder
Die Saison 2017/2018 avanciert für den 1.FC Kaiserslautern endgültig zum Himmelfahrtskommando. Eine völlig überforderte, total verunsicherte und in allen Belangen fußballerisch unterlegene FCK-Elf verlor gestern Abend in der Höhe verdient mit 5:0 bei Union Berlin. Unstrittig, dass die Hausherren noch den einen oder anderen Treffer mehr hätten erzielen können. Die Eisernen holten damit nach fünf sieglosen Spielen überzeugend ihren ersten Dreier und unterstrichen eindrucksvoll ihre Ambitionen und auch ihre Fähigkeiten im Unterhaus der Liga ein Wörtchen mitreden zu wollen. Auf der anderen Seite wartet die geschundene FCK-Fan-Seele weiterhin auf den ersten Saisonsieg und steht am Ende des achten Spieltages vor einem emotionalen Trümmerhaufen. Der FCK 2017 wirkt wie eine mitleiderregende Truppe, bei der man sich als Außenstehender, nach den sportlichen Darbietungen gestern und in den Wochen davor, ernsthaft fragen muss, wie der Sturz ins Bodenlose überhaupt noch gebremst, geschweige denn in eine andere Richtung gelenkt werden kann. Die Suche nach einem neuen Cheftrainer, mit dem die herbeigesehnte Wende geschafft werden soll, wird sich durch die gestrige Partie nicht gerade einfacher gestalten.
Interimstrainer Manfred Paula und sein Co-Trainer Alexander Bugera hatten nach der Entlassung von Cheftrainer Norbert Meier in den zurückliegenden Tagen vieles versucht, um der Truppe nach der unterirdischen Leistung gegen Erzgebirge Aue wieder Leben und Emotionalität einzuhauchen. Spätestens beim Anpfiff im Stadion an der Alten Försterei schien das jedoch verloren zu sein. Wer die richtige Körpersprache vom Anstoß weg zeigte, waren die Hausherren. Die machten von der ersten Minute Dampf und ließen null Zweifel daran, dass sie ihre Negativserie am gestrigen Abend beenden wollten. Eine Körpersprache, die bei den FCK-Akteuren zu Beginn der Partie so nicht wahrzunehmen war. Auch wenn die Jungs in den Anfangsminuten zumindest bemüht waren, den Gegner früh anzulaufen und gewillt waren zu zeigen, dass eine gewisse Aggressivität da war. Stattdessen wachsende Verunsicherung, zaghaftes Agieren und steigende Fehlerquoten. Als dann schon in der 6. Minute nach einem Abwurf von Marius Müller der Ball im Lauterer Kasten zappelte, befeuerte der frühe Rückstand die spürbare und sichtbare unterschiedliche Kollektiv-Mentalität beider Teams.
Die Jungs von Jens Keller ackerten, drängten, drückten, der FCK fand überhaupt nicht ins Spiel, fand keine Mittel zur Gegenwehr und infizierte die eigenen Unsicherheiten durch erneut zahlreiche fußballerische Unzulänglichkeiten. Das symptomatische, wenn auch unglückliche Eigentor von Giuliano Modica nur fünf Minuten später passt da gut ins Bild. Spätestens da war die Messe gelesen! Während die Hausherren das Ergebnis bis zur Halbzeitpause durch einen blitzsauberen Konter von Sebastian Polter (25.) und einen strammen Sonntagsschuss von Steven Skrzybski, der von Marcel Correia noch abgefälscht wurde auf 4:0 hochschraubten (32.), fand der 1.FCK offensiv eigentlich gar nicht statt. Bis zur ersten echten Chance von Manni Osei Kwadwo, der Keeper Jakob Busk mit einem Schuss prüfte (45.), verzeichneten die Eisernen bereits 15:0 Torschüsse. Statistikwerte, die in der Branche für einen Absteiger sprechen. Die beiden Übergangslösungen in der Coaching-Zone hatten schon vorher versucht, das sichtbare Chaos durch einen Wechsel zu korrigieren. Mit dem ehemaligen Berliner Benjamin Kessel brachte Manfred Paula für den gestern überforderten Gino Fechner einen Routinier, der für mehr Ruhe und Offensivakzente sorgen sollte (34.). Wirklich besser wurde es aber auch damit nicht.
Immerhin sorgte Marius Müller mit der einen oder anderen Glanzparade (5., 20.) und einem gehaltenen Foulelfmeter (28.) dafür, dass die Roten Teufel zur Pause nicht schon deutlich höher zurücklagen! Mit dem Wiederanpfiff hatte Manfred Paula dann auch Stipe Vucur für den gestern völlig desolaten Marcel Correia gebracht, um vor allem in der Defensive mehr Stabilität zu schaffen. Das ging zumindest längere Zeit auf, wenn auch dem Umstand geschuldet, dass die Hausherren mit der deutlichen Führung im Rücken spürbar einen Gang zurückschalteten. So richtig in Verlegenheit bringen konnte der FCK die Hausherren aber auch im zweiten Durchgang nicht. Erst in der 73. Minute die erste herausgespielte Chance für die Gäste, aber Sebastian Andersson scheiterte am Berliner Torhüter. Bis dahin hätten die Eisernen auch im Energiesparmodus nachlegen können. Aber erneut Marius Müller klärte gegen Steven Skrzybski (58.) und Simon Hedlund scheiterte freistehend und bügelte das Leder am langen Pfosten vorbei (62.).
Es war dann erneut Sebastian Polter, der in der 77. Minute mit seinem dritten Treffer das Ergebnis mit einem Flachschuss aus etwa 16 Metern auf 5:0 erhöhte. Mit einer erneuten Glanztat in der 84. Minute, konnte Marius Müller verhindern, dass Union das halbe Dutzend vollmachte. So blieb es letztlich bei dem hoch verdienten Fünferpack der Gastgeber, die damit ihre Negativserie beendeten, während der FCK weiterhin auf den ersten Saisonsieg wartet. Aufbaugegner FCK!
Vor allem die Defensivleistung in den zurückliegenden Partien muss den Verantwortlichen die Sorgenfalten förmlich ins Gesicht nageln! Von der harmlosen Offensive und dem in jede Richtung mageren Mittelfeld ganz zu schweigen. Natürlich haben die renditeträchtigen Verkäufe von Julian Pollersbeck und Robin Koch dafür gesorgt, dass der wirtschaftlich klamme Verein im Ringen um Konkurrenzfähigkeit, wenigstens für kurze Zeit die Nase über dem Wasserspiegel halten und nach Luft schnappen kann. Mit den zusätzlichen Abgängen von Ewerton und Tim Heubach aber auch von Marcel Gaus ist damit allerdings quasi auch ein Filetstück der letzten Saison zerschlagen worden. Mit einem erfolgreichen Sturm gewinnt man ein Spiel, mit einer stabilen Defensive eine Meisterschaft.
Eine Binsenweisheit im Fußball, die man dennoch immer wieder an zahlreichen Beispielen festmachen kann. Unstrittig, keiner beim 1.FCK träumt derzeit von einer Meisterschaft, aber übertragen auf die sportliche Situation des Traditionsvereins, hat man den Mannschaftsteil, der in der vergangenen Saison Überlebensgarant war, vollständig eliminiert und den wirtschaftlichen Zwängen geopfert, ja sogar opfern müssen. Ein strategisches Harakiri, das sich nun sportlich rächt! Viele mögen es nicht mehr hören wollen oder können, aber Norbert Meier hat nicht zu Unrecht genau darauf stets verwiesen.
Es ging von Anfang an vorrangig darum, dass eine völlig neue Defensive formiert werden musste. Wer geglaubt hat, dieser Aderlass könne durch die Individualqualität entsprechender Neuverpflichtungen schnellstmöglich kompensiert werden, unterlag einem Trugschluss. Im Gegenteil. Dieser Prozess ist auch nach dem 8. Spieltag noch immer nicht abgeschlossen und es werden vielleicht noch Wochen vergehen, ehe sich in diesem Mannschaftsteil eine erfolgreiche Spielweise eingestellt hat. Leider wirft aber auch die Qualität der zu integrierenden Akteure durchaus Fragen auf. Auch die Frage, ob die fußballerische Gleichwertigkeit des gefundenen Ersatzes überhaupt gegeben ist.
Allerdings bereiten auch die anderen Mannschaftsteile durchaus Sorgen. Im gesamten Mittelfeldblock fehlen nach vorne die Kreativität, die Variabilität und die Spielidee und in der Rückwärtsbewegung fehlt es daran, mit Abräumer-Mentalität den Offensivaufbau des Gegners mal schon im Keim zu ersticken. Die eigene Offensivabteilung war bereits in der letzten Spielzeit das Sorgenkind Nummer eins. Fehlende Abschluss-Sicherheit führten schon über 34 Spieltage in der zurückliegenden Saison zu berechtigter Kritik. Nach nun 8 Spieltagen stehen aber auch in dieser Saison erst magere 3 Törchen zu Buche. Zu wenig, um in der zweiten Liga zu bestehen. Vor allem wenn die eigene Defensivleistung regelmäßig für Nackenschläge sorgt.
Baustellen über Baustellen also. Betrachtet man die bisherigen Spiele, muss man sich auch die Fragen stellen, ob diese Mannschaft auch physisch und psychisch wirklich in Form ist. Unzureichende Körpersprache, zögerliches Zweikampfverhalten, unkonzentrierte Defensivarbeit und die sichtbar fehlende Willenskraft sprechen zumindest eine andere Sprache.
Wer auch immer für den Cheftrainerposten verpflichtet werden kann, es wird eine Herkulesaufgabe, die der neue Mann auf dem Schleudersitz an der Seitenauslinie übernimmt. Insofern ist die Marschrichtung von Sportdirektor Boris Notzon nachvollziehbar, dass Qualität hier vor Zeit geht. Hoffen wir, dass sich nicht nur jemand findet, der sich die Aufgabe antut, sondern auch einer, der es kann! Einfach wird das jedenfalls nicht. Viel schlechter als derzeit geht es sportlich natürlich auch kaum noch. Tabellenplatz 18! Mit 6 Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz. Viel mehr sportliches Nirwana geht nicht mehr.
mg
Nun wollen wir dann mal auf den Freitag hoffen. Alles gute Jeff.
Ein sehr treffender Bericht.Ansonsten fehlen mir die Worte.Es ist eher so, dass ich heulen könnte.Sprachlos.