Kraftakt für den ersten Auswärtspunkt
Der 1.FCK sichert sich ein Remis beim FC St.Pauli. Andersson trifft erneut
Es war ein Punkt für die Moral, den sich die Mannschaft von Jeff Strasser gestern Abend in Hamburg beim FC St.Pauli sicherte. Im sechsten Anlauf auf fremdem Terrain schaffte der 1.FC Kaiserslautern den ersten Auswärtspunkt der Saison, nach zuletzt 5 Pleiten mit 1:13 Toren! Ein Teilerfolg, der mit harter Arbeit, einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein, aber auch ein wenig Glück eingefahren wurde. Symptomatisch dabei, dass die Roten Teufel den Gegner lange kontrollierten und erst in der 63. Minute in Rückstand gerieten. Die Mannschaft kam nach dem Gegentreffer allerdings wieder zurück und fiel nicht in sich zusammen, wie in mancher der zurückliegenden Partie, so wie beispielsweise bei der Demontage in Berlin vor wenigen Wochen. Es war auch etwas Glück mit im Spiel, denn die Hamburger hatten nach dem späten Treffer auch zwei gute Möglichkeiten zu einem zweiten Tor. Einen Konter durch Sami Allagui konnte Marius Müller mit beherztem Herauslaufen an der Strafraumkante per Kopf klären (66.). Erneut Marius Müller war es, der mit einer Glanzparade einen Schuss von Mats Möller Daehli gerade noch so um den rechten Pfosten lenken. Wenige Minuten später servierte Joel Abu Hanna den Ball bei der erst zweiten Ecke für die Roten Teufel punktgenau auf Sebastian Andersson, der das Leder per Kopf gekonnt ins Netz beförderte (77.). Die restlichen Minuten überstand der FCK schadlos und sicherte sich so einen verdienten Punkt.
Der FCK agierte vom Anstoß weg kompakt und diszipliniert. In den Anfangsminuten stand die Mannschaft von Jeff Strasser dabei tief, ließ den Hausherren wenig Platz und kaum Gelegenheit nah vor das Tor von Marius Müller zu kommen. Mit der wachsenden Sicherheit fanden die Roten Teufel zunehmend besser ins Spiel, gingen den Gegner immer weiter vorne an und ließen die Kiezkicker so wenig zur Entfaltung kommen. Allerdings ohne auch selbst wirkungsvolle Akzente nach vorne zu setzen. So stand bis zum Ende der ersten Halbzeit auch jeweils lediglich eine nennenswerte Torchance auf beiden Seiten zu Buche. Die gefährlichste davon hatten die Gastgeber, als Sami Allagui nach einem Zuspiel von Christopher Flum, der mit einer feinen Flanke die gesamte Lauterer Abwehr überspielte. Der Hamburger Stürmer stand urplötzlich alleine vor Marius Müller, drosch das Leder aber aus acht Metern Entfernung in den Hamburger Nachthimmel (39.). Auf Lauterer Seite hätte Sebastian Andersson bereits in der 27. Minute nach Balleroberung und Zuspiel durch den gestern etwas behäbig wirkenden Gervane Kastaneer einnetzen können, verzog das Leder aber zu unpräzise. Der FCK stand im ersten Durchgang kompakt, suchte beherzt die Zweikämpfe, hatte mit Kapitän Christoph Moritz und Gino Fechner zwei stabile und leidenschaftliche Akteure, die bereits vor der Abwehr Schwerstarbeit leisteten und die Hamburger Angriffsbemühungen schon im Mittelfeld mehrfach im Keim erstickten.
Die Hamburger fanden wenige Mittel die Lauterer Abwehr in Verlegenheit zu bringen. Bei hohen Bällen hatten die Defensivrecken beim FCK meist die Nase oder den Kopf vorn. Bälle in die Tiefe durch die dichten Räume kamen oft nicht an. Die gefürchteten Konter der Hamburger kamen kaum zur Entfaltung, weil die Defensivarbeit der Gäste als geschlossene Mannschaftsleistung verstanden und umgesetzt wurde. So ging es mit dem torlosen Remis in die Kabine. Auch im zweiten Durchgang ein ähnliches Bild, wobei die Hausherren den Druck nun merklich erhöhten. Der FCK konnte minutenlang kaum noch für Entlastung sorgen. So fiel folgerichtig auch die Führung der Hanseaten. Benjamin Kessel grätschte beherzt in einen auf Christopher Flum quer gespielten Ball, säbelte den Hamburger dabei elfmeterreif um. Schiedsrichter Sascha Stegemann streckte den Zeigefinger schon Richtung Punkt und noch bevor er Zeit hatte in die Pfeife zu trällern, drosch Sami Allagui den Ball unhaltbar zur Führung in die Maschen. Marius Müller hatte den verdeckten Schuss zu spät gesehen und hatte keine Zeit mehr zu reagieren (63.). Erste Befürchtungen im Lauterer Lager, dass die Mannschaft nun wieder in alte Schemata verfallen würde und den Nackenschlag nicht mehr wegstecken könnte, sollten sich nicht bestätigen.
Der FCK behielt den Kopf oben, arbeitete sich Minute um Minute wieder zurück ins Spiel und ging nun mutiger nach vorne. Dadurch eröffneten sich natürlich Räume für die Hausherren, die aber ihre Konter nicht präzise genug setzten. Vor allem Marius Müller war es zu verdanken, dass der FCK im Spiel blieb. Der junge Keeper zeigte vor allem in der 74. Minute die Ergebnis-Qualität von Gerry Ehrmanns Flugschule, als er einen abgefälschten Ball mit der gestreckten rechten Hand gekonnt um den Pfosten bugsierte. Es war dann erneut Sebastian Andersson, der schon gegen die SpVgg Greuther Fürth mit drei Treffern zum Matchwinner avancierte, vorbehalten den verdienten Lohn für harte Arbeit einzufahren. Der junge Joel Abu Hanna brachte die zweite FCK-Ecke von der rechten Seite gefährlich vor den Hamburger Kasten. Der schwedische Hüne hatte sich gekonnt freigelaufen, war lehrbuchmäßig hochgestiegen und wuchtete den Ball per Kopf neben den linken Pfosten ins Netz. Eine einstudierte Variante, wie die Neuverpflichtung aus dem hohen Norden nach dem Abpfiff zu Protokoll gab. Einstudiert wirkte gestern Abend vieles. Jeff Strasser hatte in den zurückliegenden zwei Wochen während der Länderspielpause ganze Arbeit geleistet. Insbesondere die Defensivarbeit wirkte über weite Strecken sehr sattelfest. Nach vorne fehlten noch die Präzision, die Abstimmung und der Instinkt. Viele Ballpassagen sahen im Offensivmodus zwar schon sehr ansehnlich aus, wurde aber immer noch in zu vielen Situationen zu schlampig zu Ende gespielt.
Aber vor allem im psychischen Bereich trägt die neue Sprache von Jeff Strasser und seinem seit Wochenbeginn feststehenden Co-Trainer Alexander Bugera sichtbar Früchte. Brust raus, ein zentrales Motto des ehemaligen Lauterer Defensivspezialisten! In der Körpersprache ein erstes sichtbares Ergebnis. Mit der bisherigen Punktebilanz und dem aktuellen Tabellenstand im Rücken ist es nicht selbstverständlich, dass eine Mannschaft sich nach einem so späten Rückstand auf fremdem Terrain dann doch noch belohnt. Freilich ist noch nichts gewonnen, noch nichts erreicht. Nach Abschluss des aktuellen Spieltages kann der FCK durchaus wieder die Rote Laterne in der Hand halten. Bis zu einem rechnerisch rettenden Ufer ist es noch ein weiter Weg. Aber die Sprache, die die Mannschaft augenscheinlich spricht und zu sprechen in der Lage scheint, ist eine andere als unter Trainer Norbert Meier. Das macht Mut für die bevorstehenden Aufgaben. Offensichtlich hat der Kader noch einiges an Nachholbedarf. Als Schiedsrichter Sascha Stegemann gestern nach drei Minuten Nachspielzeit die Partie abpfiff, sanken einige Lauterer Akteure auf den Rasen. Nicht aus Frust, sondern eher weil die Partie viel Kraft gekostet hatte. Das Trainergespann hat in den letzten zwei Wochen ein eisenhartes Trainingsprogramm abgespult. Vermutlich auch, weil im konditionellen noch einiges im Argen liegt.
Wesentliche Aufgaben der kommenden Wochen werden sein, die Stabilität in der Defensive zu halten oder gar weiter zu verbessern, den Offensivmodus mit mehr Präzision, Spielideen und Torhunger auszustatten und vor allem der Mannschaft eine kraftsparendere Spielweise einzuimpfen. Ein Prozess, der nicht in zwei Wochen umzusetzen war und der auch nicht in weiteren zwei Wochen Früchte tragen wird. Die Mannschaft hat in den beiden letzten Partien jedenfalls gezeigt, dass viel mehr Potential in ihr steckt, als bisherige Punkteausbeute und Tabellenstand das vermuten lassen. Wenn mit Beginn der Saison von den Verantwortlichen Geduld angemahnt wurde, so wird dies in den kommenden Wochen mehr denn je notwendig werden. So bitter das klingt, im Grunde hat für die Roten Teufel die Saison jetzt erst richtig begonnen. Es liegt nun auch an den Fans die sich abzeichnende Trendwende zu unterstützen und mit zu beflügeln. Eine erste Duftmarke setzte die Tribüne gestern im Grunde bereits vor dem Anpfiff. Rund 2.000 Fans hatten den FCK zum Millerntor begleitet. An einem Freitagabend. Bei mehr als 600 Kilometern! Bei dem Tabellenstand! Es gibt nicht viele Zweitligavereine, bei denen das möglich wäre. Ein sichtbares und vor allem hörbares Zeichen wäre nun am kommenden Sonntag angebracht, wenn der FCK zuhause den MSV Duisburg empfängt. Aber eigentlich wäre es vollkommen Wurscht, wen der Spielplan da ankündigt. Es geht um die Mannschaft des FCK, die Unterstützung braucht und in der jetzt augenscheinlich umgesetzten neuen Auffassung von Fußball auch Unterstützung verdient hat. Also am Sonntag, TV-Geräte aus und ab ins Stadion!
mg
2000 Fans am Freitag. Das bringen auch nicht viele Vereine aus der 2. Liga.