In jeder Hinsicht ein einziges Trauerspiel
Auch im sechsten Anlauf kann der FCK beim SV Sandhausen nicht gewinnen
„Wir ham die Schnauze voll, wir ham die Schnauze voll…“ skandierten viele der fast 4.000 mitgereisten FCK-Fans nach dem Schiedsrichter René Rohde die gestrige Partie des 1.FCK in Sandhausen abgepfiffen hatte. Während der Rest der rot-weißen Fangemeinde mit fast gespenstischem Schweigen, einem Trauerzug gleich, das Stadion am Hardtwald verließ. Wenige Minuten vorher noch hätte der eingewechselte Lukas Spalvis mit einer sogenannten hundertprozentigen Chance per Kopf in der dritten Minute der Nachspielzeit noch den Ausgleichstreffer markieren können, ja sogar markieren müssen (!), um so wenigstens noch einen Zähler einzusacken. Das alles nach einem nahezu seelenlosen Auftritt, in einem mehr als mäßigen Zweitligaspiel. Aber es sollte nicht sein. Bitter unterm Strich, dass die Kopfballchance der Lauterer die im Grunde einzige klare Chance über die gesamte Spielzeit darstellte. Ansonsten nach vorne Harmlosigkeit und Hilflosigkeit. So gesehen aus Lauterer Sicht bei der aktuellen Situation ein echtes Trauerspiel! Bitter auch, dass der FCK im nunmehr sechsten Anlauf in Sandhausen erneut als Verlierer vom Platz ging. Lediglich zwei Remis und ganze vier Niederlagen sind die traurige Bilanz der Roten Teufel auf der anderen Rheinseite.
Schon in der Trainingswoche war von offizieller Seite zu hören, dass man in Sandhausen unbedingt die Wende einleiten wolle. Man verzichtete auf den traditionellen Wurstmarktbesuch, wollte sich lieber mit voller Konzentration der Vorbereitung zu der Partie in Sandhausen widmen. Markige Aussichten, die auch im eigenen Fanlager nach den bescheidenen Auftritten in den Vorjahren Hoffnung aufkommen ließ, dass es dieses Jahr vielleicht doch klappen könnte, am Hardtwald einen Dreier mitzunehmen. Vor dem Hintergrund der aktuellen sportlichen Situation des FCK und der bescheidenen Bilanz der bisherigen Gastauftritte in der Kurpfalz, hatte das Spiel im Vorfeld so schon (fast) etwas vom Charakter eines Schicksalsspiels. Dafür allerdings war der Auftritt über die 90 Minuten plus 5 Minuten Nachspielzeit aus Sicht der Roten Teufel allerdings alles andere als überzeugend und schicksalhaft im besten Falle invers zu werten. Unterm Strich gewann von zwei mäßigen Teams, die etwas glücklichere. Die Statistik zeigt beide Mannschaften in punkto Ballbesitz, Zweikämpfe, Passquote, gespielte und angekommene Pässe in etwa auf Augenhöhe, mit leichtem Übergewicht auf Seiten der Hausherren. Für eine prognostizierte Wende definitiv zu wenig, wenn man auswärts drei Punkte einstreichen will.
Die von Trainer Norbert Meier vor Wochenfrist nach dem in Kiel kassierten „Last-Minute-Tor“ aufgeworfene Frage, was wir eigentlich „verbrochen“ hätten, hatte was von hilfloser Verzweiflung. In einer „Anklage-Schrift“ zum gestrigen Spiel müsste man das „Verbrechen“ oder Versäumnis vielleicht damit umschreiben, dass die Mannschaft schlicht und ergreifend zu harmlos, zu ideenlos, zu unentschlossen, zu zurückhalten zu mutlos agiert hat. Dabei ließ die Ausrichtung der Startelf mit den beiden Stürmern Sebastian Andersson und Gervane Kastaneer, der für Osayamen Osawe in die Mannschaft gekommen war, durchaus Optimismus zu, dass man sich hier wenigstens nicht verstecken wollte. Die beiden Spitzen blieben allerdings weitgehend stumpf. Auch weil die Hausherren hier geschickt arbeiteten, bei langen Bällen den Adressaten ganz vorne im Lauterer Spiel meist mit zwei Leuten auf den Füßen oder im Kreuz standen, die zweiten Bälle viel zu häufig verloren gingen und weil die beiden Akteure an vorderster Front zu wenig Kreativität an den Tag legten, um die gegnerische Abwehr mit variablen und fintenreichen Laufwegen und Positionen mal überraschend auszuhebeln.
Natürlich auch deshalb, weil aus dem FCK-Mittelfeld quantitativ viel zu wenig kam und qualitativ vieles zu stümperhaft umgesetzt wurde, was schon im Ansatz hätte mehr Gefahr und Druck auf das Sandhäuser Tor erzeugen können. Hier müssen sich insbesondere Patrick Ziegler und der für Baris Atik in die Startelf gerückte Christoph Moritz mal selbstkritisch hinterfragen, wie viel Prozent ihrer eigenen fußballerischen Qualitäten das gestern eigentlich waren. Bei entsprechender gewonnener Erkenntnis bitte schnellstmöglich den Schalter suchen, finden und umlegen, um auch den – quantitativ wie auch immer dimensionierten – Rest abzurufen! Was hier gestern abgeliefert wurde ist alles andere als ausreichend, um als Impulsgeber nach vorne aus dem Mittelfeld heraus dem Spiel einen Stempel aufzudrücken.
In den ersten 20 Minuten der Partie ging es eigentlich nur auf den Rängen heiß her. Der FCK-Anhang lieferte einen ordentlichen und vor allem lautstarken Support ab. Auf dem Rasen allerdings kam der vermutlich nicht an. Ein zäher und fader Kick schürte nicht wirklich Begeisterung. Einen ersten Weckruf für die Roten Teufel gab es dann in der 23. Minute. Nach einem Angriff über links zog Nejmeddin Daghfous beherzt aus rund 25 Metern ab und lederte die Kugel an die Latte. Glück für die Roten Teufel. Ein zaghaftes Offensivlebenszeichen der Lauterer dann in der 31. Minute, als Sebastian Andersson etwas zu überhastet abschloss anstatt Gervane Kastaneer zu bedienen. Marius Müller war es dann wieder einmal, der einen Rückstand kurz vor dem Pausenpfiff verhinderte, als Haji Amir Wright völlig frei vor dem Tor stand aber am Lauterer Keeper scheiterte, der sich beherzt in den Schuss warf.
Mit Beginn der zweiten Halbzeit brachte Norbert Meier der quirligen Baris Atik für den grippegeschwächten Daniel Halfar. Dessen einzige Duftnote war eine Möglichkeit in der 50. Minute, als er von Gervane Kastaneer bedient gut sechs Meter vor dem gegnerischen Tor zu zögerlich abschloss. Danach tauchte auch der gebürtige Frankenthaler eher unter. Für viel Diskussion sorgte dann eine Szene in der 63. Minute, als Tim Kister glaubte eine Pfiff gehört zu haben, den Ball mit der Hand kur auf den Rasen drückte, um den vermeintlich zugesprochenen Freistoß auszuführen. Handspiel im Strafraum, der an diesem Nachmittag häufig unsichere Schiedsrichter René Rohde entschied auf Strafstoß! Energische Proteste, hitzige Wortgefechte, zähe lange Diskussionen, in die auch der Linienrichter und die beiden Kapitäne einbezogen waren. Der Referee nahm daraufhin die Elfmeterentscheidung zurück. Der irritierende Pfiff war wohl von der Tribüne gekommen. Nach dem Reglement bleibt dem Unparteiischen bei einer Spielbeeinflussung von außen die Möglichkeit mit Schiedsrichterball weiterzumachen. Fassungslosigkeit auf Seiten der Lauterer Spieler, während die Gästetribüne vor Wut schäumte. Die Szene wird in einschlägigen Foren zwar hitzig und kontrovers diskutiert, aber es wäre zu einfach die Niederlage nur an dieser Szene festzumachen.
Auf jeden Fall hat die Szene nachhaltig Eindruck hinterlassen. Zumindest auf Lauterer Seite. Anders ist es nicht zu erklären, dass nur 2 Minuten nach der Elfer-Debatte zuerst Philipp Klingmann von rechts unbehelligt eine weite Flanke schlagen konnte, die in Lucas Höler einen dankbaren Abnehmer fand. Der konnte vom mitgelaufenen Stipe Vucur nicht mehr entscheidend gestört werden und lederte den Ball aus kurzer Distanz ins Netz (68.). Fast schon die gerechte Strafe für das pomadige Auftreten. Der Nackenschlag lähmte natürlich. Die Roten Teufel benötigten einige Minuten bis sich endlich sowas wie eine spürbare und sichtbare energische Gegenwehr gegen absolut harmlose Sandhäuser einstellte.
Erst jetzt ging die Meier-Elf in den Modus über, beherzt anzurennen. Allerdings mit wenigen fußballerischen Finessen und meist planlos und stumpf. In der Schlussphase warfen die Roten Teufel zwar noch mal alles nach vorne, wirklich zwingende Situationen kamen trotzdem nicht dabei heraus.
Mutig zwar, dass sogar Marius Müller bei einem Standard mit vorne drin stand, aber selbst diese sichtbare Willensbekundung setzte keine Kräfte mehr frei und sorgte auch leider nicht für einen gewünschten Torgefahr-Effekt. Lediglich der für Gervane Kastaneer eingewechselte Lukas Spalvis hatte noch die Chance zum Ausgleich. Aber sein Kopfball, nach einer Hereingabe von der rechten Seite, brachte der Lauterer Stürmer aus kurzer Distanz nicht an Marcel Schuhen vorbei im Netz unter (90. + 3).
Die Drangphase der letzten Minuten hat zumindest gezeigt, dass es die Truppe ja doch irgendwie kann, auch in einem Spiel auf fremdem Terrain mal wenigstens phasenweise den Gegner unter Duck zu setzen. Vor heimischem Publikum wurde der Beweis ja zumindest schon zweimal angetreten. Wenn auch jeweils nur eine Halbzeit lang. Warum versucht man sowas nicht mal schon in der Anfangsphase einer Partie. Insbesondere das in der ersten Halbzeit anmutende Rudelschmusen, um sicher ins Spiel zu kommen, dreht die aktuelle sportliche Situation auch nicht. Natürlich fängt man sich in einer Drangphase vielleicht auch mal einen Konter ein, aber dann doch besser in den ersten 20 Minuten, als in den letzten 10 Minuten einer Partie.
Nach nun sechs Spieltagen steht der FCK ohne einen einzigen Sieg, mit nur zwei Remis und vier Niederlagen, bei insgesamt nur drei erzielten Treffern und zwei mageren Pünktchen, auf dem vorletzten Tabellenplatz. Schlägt Greuther Fürth heute Tabellenführer Fortuna Düsseldorf, droht sogar die Rote Laterne. Schon am kommenden Dienstag gastiert Erzgebirge Aue auf dem Betzenberg. Ein weiteres Schicksalsspiel. Für die Mannschaft und vermutlich auch für Trainer Norbert Meier, um dessen Position im Umfeld des Vereins ohnehin seit Wochen eine kontroverse Diskussion geführt wird. In allererster Linie aber für den Verein. Denn der Abwärtstrend der letzten Wochen wird sich nachhaltig nicht nur auf das Tabellenbild auswirken, wenn die vielbeschworene sportliche Wende nicht endlich geschafft wird. Man kann es drehen und wenden wie man will, die Situation ist derzeit in jeder Hinsicht ein einziges Trauerspiel.
mg
Wie immer ein Bericht ohne Vereinsbrille.
Danke für die Analyse des Spiels.
Besser kann man es , denke ich , nicht in Worte fassen.
Fazit:Der Worte sind genug gewechselt, nun lasst uns endlich Tore sehn!!! Und zwar in des Gegners Netz!