Ein (fast) perfekter Fußballabend
Rote Teufel liefern ein mitreißendes Spiel ab – nur die Tore fehlen
Es war ein mitreißendes Spiel gestern Abend am Betzenberg. Auch wenn lediglich 17.212 Zuschauer auf den Tribünen eher eine dürftige Kulisse abgaben, ließen sich die Fans vom Anpfiff weg mitreißen und ließen über weite Strecken das Gefühl an alte Betzenberg-Zeiten aufleben. Toller Angriffsfußball, leidenschaftliche Zweikämpfe, packende Szenen vor den Toren. Fußballherz was willst Du mehr. Lediglich das Salz in der Suppe hatte am Ende gefehlt. Denn nach temporeichen und spannenden 90 Minuten und einem vierminütigen Aufschlag trennten sich der 1. FC Kaiserslautern und Zweitliga-Absteiger FC Ingolstadt am gestrigen Abend 0:0 Unentschieden. Ein torloses Remis, das sich dennoch im kollektiven Gedächtnis der Lauterer Fans festsetzen dürfte. War es doch seit gefühlten Ewigkeiten ein Spiel, das von der fußballerischen Darbietung her schlichtweg begeisterte.
„Ein Lucky Punch, wenn wir am Schluss noch einen reingemacht hätten – das wäre so geil gewesen“, blickte Cheftrainer Sascha Hildmann nach dem Anpfiff gestern auf das zweite Heimspiel der Saison zurück. Mit einem leichten Anflug von Enttäuschung. Darüber, dass sich seine Jungs nicht selbst mit einem Torerfolg belohnt hatten. Chancen waren reichlich da, um das Spiel für sich zu entscheiden. Die ersten Duftmarken gab es bereits in der Anfangsviertelstunde. Einen ersten Konter nach knapp 10 Minuten konnte Ex-Lauterer Marcel Gaus noch weggrätschen, eine Flanke von Manfred Starke traf Christoph Hemlein nicht richtig. Vor allem der emsige und wieselflinke Florian Pick trieb im ersten Durchgang den Ball immer wieder nach vorne. So auch in der 16. Minute, als er sich stark durchbeißen konnte, Timmy Thiele in Szene setzte, doch der etatmäßige Stürmer schob das Leder aus spitzem Winkel knapp am Kasten vorbei. „Es war mein schwacher Fuß, der Winkel war spitz, aber es gibt keine Ausrede, den muss ich reinmachen“, zeigte sich der unermüdlich rackernde Offensivspieler durchaus selbstkritisch.
Der FCK blieb weiter am Drücker, schnürte die Gäste phasenweise in der eigenen Hälfte ein. Alles stets aus einer sicheren Abwehr heraus, in der José Matuwila besonders herausstach. Herrlich, mit welch einer Giftigkeit er die gegnerischen Angreifer stellt, mit welcher Übersicht er den eigenen Spielaufbau löst. Toll auch das Flügelspiel am gestrigen Abend. Die beiden Außenbahnen sind mit Dominik Schad auf der rechten und mit Philipp Hercher und Florian Pick auf der linken Seite mit zwei Spielerpaaren besetzt, die auffällig gut miteinander harmonieren. Doch auch die Schanzer erarbeiteten sich Chancen. Kurz vor der Pause kam Fatih Kaya zum Kopfball, doch Lennart Grill hielt seinen Kasten sauber (43.). Dann war der FCK wieder am Drücker und Janik Bachmann kam aus 20 Metern zum Abschluss, brachte den Ball aber nicht aufs Tor. Kurz vor dem Seitenwechsel musste Lennart Grill noch einmal sein Können unter Beweis stellen, als Maximilian Beister mit einer Direktabnahme sein Glück versuchte (45.). So ging es mit dem 0:0 in die Kabine.
Gute Laune indessen auf allen Tribünen. Das forsche Spiel beider Mannschaften hat begeistert. Einigkeit herrschte beim Lauterer Anhang. Eine Halbzeit ohne signifikante Schwächen bei den Roten Teufeln. Der sichtbare Wille schien da zu sein, dieses Spiel unbedingt für sich entscheiden zu wollen. Nach dem Wechsel sollte es dann auch im zweiten Durchgang turbulent und rasant weitergehen. Für die Ouvertüre der Emotionen sorgten zunächst die Gäste. Georgios Pintidis steckte auf Stefan Kutschke durch, scheiterte aber frei vor Lennart Grill (46.). Der Lauterer Keeper war es auch, der in der 49. Minute für eine Schrecksekunde sorgte, als er einen Ball an der Strafraumkante mit der Hand annahm, obwohl er mit einem Fuß außerhalb des Sechzehners stand. Freistoß für Ingolstadt, der jedoch nichts einbrachte, der gelbe Karton für den Lauterer Keeper. Mit etwas entsprechender Auslegung wäre hier auch die Karte mit der anderen Farbe möglich gewesen. Auf der Gegenseite vergab Manfred Starke eine erste FCK-Möglichkeit. Hier fehlte es etwas an Präzision (52.). Eine Minute später setzte Maximilian Beister einen sehenswerten Distanzschuss an die Latte. Aber die Gäste können auch mit einem doppelten Nachschuss nicht verwerten. Lennart Grill und die vielbeinige Lautrer Abwehr stemmen sich erfolgreich und beherzt gegen die Gästeführung (53.). Das Publikum tobt vor Begeisterung!
Nun geht es mitunter Schlag auf Schlag. Mit einem frechen und mutigen Distanzschuss versucht Christoph Hemlein den weit aufgerückten Torwart des Gäste zu überwinden, doch der hat den Braten gerochen, ist rechtzeitig zur Stelle (57.). Kurz danach trifft Christian Kühlwetter nur das Außennetz (60.), anschließend scheitert Dominik Schad an Bastijan Buntic (62.). In den folgenden Minuten sorgen Spielerwechsel für etwas Ruhe in der Partie. Die kraftraubende Spielweise tut ihr Übriges, dass es erst knapp zehn Minuten vor dem Ende nochmal richtig zur Sache geht. Zunächst wird Timmy Thiele im energischen Vorwärtsgang von Ingolstadts Thomas Keller rüde von den Beinen geholt. Die anschließende rote Karte ist durchaus vertretbar, erhitzt verständlicherweise aber auch die Ingolstädter Gemüter. So sehr, dass auch Sportdirektor Michael Henke die rote Karte quittiert und den Rest des Spiels von der Tribüne aus beobachten muss.
Der FCK machte in den letzten 10 Minuten der Partie nun nochmal richtig Druck, wollte das Überzahlspiel unbedingt nutzen. Nachdem mit Antonio Jonjic bereits in der 75. Minute eine frische Offensivkraft gekommen war, brachte Sascha Hildmann nach dem Platzverweis mit Andri Rúnar Bjarnason für Christian Kühlwetter eine zusätzliche echte Spitze ins Spiel (81.). Doch bei allem Lauterer Druck, die Gäste verteidigten sich leidenschaftlich, hätten trotz Unterzahl durch den eingewechselten Filip Bilbija fast selber noch die Führung erzielt, aber dessen Schuss ging nur Zentimeter am Lauterer Kasten vorbei. Nach vier Minuten Nachspielzeit war dann Schluss. Am Ende war das 0:0 gemessen an der Wertigkeit der erarbeiteten Chancen hüben wie drüben, ein durchaus gerechtes Ergebnis. Das Spiel hätte durchaus auch 2:2 oder 3:3 enden können. Die Zuschauer hat die Mannschaft in jedem Fall mitgenommen. Schon während des Spiels gab es auch von der Nord- und der Südtribüne „standing ovations“. Auch nach dem Abpfiff lautstarker Beifall von der Kulisse, die mit der Aufforderung „Auswärtssieg, Auswärtssieg…“ bereits die Marschrichtung für die nächste Pflichtaufgabe vorgab. Trotz des begeisternden Spiels überwog vor allem im Lauterer Lager ein gewisses Bedauern, den Dreier nicht doch eingesackt zu haben. Verständlich, wenn man vor heimischer Kulisse aufläuft.
Doch Fußball ist eben kein Wunschkonzert. Bei aller Euphorie für das fußballerisch wirklich mehr als ansehnliche Spiel, auf Lauterer Seite weiß man ganz genau, dass insbesondere die Abschlussqualität zunehmen und sich die Trefferquote steigen muss. Einstellung, Wille, Leidenschaft, Kampfgeist und mannschaftliche Geschlossenheit stimmen in der Truppe in jedem Fall. Da hat sich ein stabiler und solider Rumpf herauskristallisiert. Man darf dennoch auch gespannt sein auf Simon Skarlatidis, der diese Woche wieder voll und ganz ins Training einsteigen wird und der gestern bei seinem Besuch im FCK-Museum bereits einen Einblick in sein Innenleben gab, wie sehr er darauf brennt für die Roten Teufel auflaufen zu dürfen. Ein echter Gute-Laune-Typ übrigens, der dieser Mannschaft gut zu Gesicht stehen wird. Da darf man sich getrost bereits jetzt festlegen. Bis er in Kaiserslautern auch endlich seine eigene Bude beziehen kann, werden noch ein paar Tage ins Land ziehen. Bis es soweit ist, kann er sich ja allabendlich mit seinem aktuellen Wohnungs-Gastgeber Florian Pick mental schon mal auf einige spielerische und taktische Finten einstellen. Vorausgesetzt die haushälterischen Pflichtaufgaben der reinen Männer-WG lassen das zeitlich zu.
Am Wochenende wird der SChlusspunkt der Englischen Woche gespielt. DEr FCK gastiert dabei auswärts bei Preußen Münster. Kann die Mannschaft die seit Saisonbeginn abgerufene und in den drei bisherigen Spielen jeweils gesteigerte Leistung konservieren oder gar noch steigern, muss einem vor dem Ausflug ins Münsterland am kommenden Samstag nicht bange sein. Der Unterstützung zahlreicher Fans darf sich der FCK auch vor diesem Gastspiel gewiss sein. Münster, wir kommen!
-mg-
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