Der Aufbruchstimmung herben Dämpfer verpasst
Der 1.FCK scheitert in der ersten DFB-Pokal-Runde beim Drittligisten Hallescher FC
Bisher darf man getrost von einem glatten Fehlstart des 1.FC Kaiserslautern in die Saison 2016/2017 sprechen. Nach den zwei sieglosen Punktspielen im Ligabetrieb folgte nun das Ausscheiden in der ersten Runde des DFB-Pokals. Gegen einen Drittligisten. Der 1.FCK hatte sich zwar am vergangenen Samstag nach einem späten Ausgleichstreffer von Osayamen Osawe (90.+4) mit Wucht in die Verlängerung gerettet, kassierte jedoch schon zu Beginn der letzten zweimal fünfzehn Minuten einen durchaus vermeidbaren Treffer. Danach kam nicht mehr viel von den Roten Teufeln. Die engagierten Drittklässler aus Halle an der Saale agierten auch in der Verlängerung geschickt und bissig, kämpften um jeden Meter in der Defensive und in der Offensive und brachten den knappen Vorsprung über die Zeit. Lange Gesichter auf Seiten der schwarz gekleideten Akteure und der in weiße Textilien getauchten Fankurve. „Im Pokal gibt es keine Wiedergutmachung“, attestierte Trainer Tayfun Korkut noch zur Wochenmitte bei der Pressekonferenz. Seine Mannschaft hat sich das augenscheinlich nicht in der gebotenen Form zu Herzen genommen.
Der 1.FCK begann besonnen, versuchte den Ball geordnet und sicher laufen zu lassen, tat sich aber auch vom Anpfiff weg schwer mit den Störversuchen der Hallenser, die immer wieder geschickt das Ausbauspiel der Roten Teufel früh störten. Auffällig quirlig und aggressiv agierte von der ersten Minute an Osayamen Osawe. Für ihn ein besonderes Spiel, denn immerhin kickte der pfeilschnelle Stürmer in der vergangenen Saison noch für den Halleschen FC. So wurden seine Ballkontakte dann auch von den Tribünen stets mit gellenden Pfiffen quittiert. Den talentierten Stürmer allerdings schien das eher zu beflügeln. Genugtuung für Osayamen Osawe, dass in der 23. Minute eine Ecke zunächst den Kopf von Patrick Ziegler passierte. Der Ball landete beim Lauterer Angreifer, der das Leder akrobatisch aufs Tor und leicht abgefälscht von einem Halleschen Abwehrspieler über die Linie drückte. Der 1.FCK führte!
Schon fünf Minuten danach war es wieder Osayamen Osawe, der gleich den zweiten Treffer auf dem Fuß hatte, aber sein strammer Flachsschuss aus 16 Metern strich knapp neben dem Pfosten ins Toraus. Die Mannschaft von Trainer Rico Schmitt ließ sich von der bis dahin sichtbaren spielerischen Überlegenheit des 1.FCK jedoch nicht beindrucken und suchte auch immer wieder vor allem über die Außenbahnen den Weg Richtung Lauterer Tor. In der 33. Minute konnte Sascha Pfeffer den Ball unbedrängt von der Seite vor den Kasten von Andre Weis bringen, von wo Naser Aliji den Ball unglücklich ins eigene Tor bugsierte. Der nicht unverdiente Ausgleich für die unterklassige aber engagiert dagegen haltende Mannschaft. Doch nur vier Minuten danach gelang Zoltan Stieber mit einem sehenswerten Solo und einem ebenso sehenswerten Schlenzer die erneute Führung (37.). Mit der knappen Führung der Roten Teufel ging es dann auch in die Kabine.
Unverständlich für den Lauterer Anhang jedoch, die sichtbare Passivität, mit der die Roten Teufel aus der Pause kamen. Aufbruchstimmung – auch auf dem Rasen – fühlt sich für den geneigten Betrachter anders an. Der Hallesche FC nahm dankend an und zeigte schmerzhaft wie Fußball mit Gift und Galle geht. Binnen 4 Minuten drehte der Hallesche FC die Partie. Mit einem Doppelschlag! Eine Flanke von links verwertete Hilal El-Helwe mit einem satten Schuss aus 17 Metern ins Netz (54.). Nur vier Minuten später köpfte der junge palästinensische Angreifer zur vielumjubelten Führung der Hallenser ein (58.). Ein Nackenschlag für die Roten Teufel, die in den Anfangsminuten im zweiten Durchgang einfach zu wenig taten. Trainer Tayfun Korkut brachte in der Folge mit Jacques Zoua (für Marcel Gaus, 61.), Sebastian Jacob (für Alexander Ring, 73.) und Lukas Görtler (für Zoltan Stieber, 82.) – zumindest vom Papier her – noch einmal geballte und frische Offensivkraft.
Allerdings blieb der Hallesche FC die eher spielbestimmende Mannschaft, agierte selbst weiter mit einigen gefährlichen Offensivaktionen und hielt so die bemühten Roten Teufel mit der verrinnenden Zeit im Rücken geschickt vom eigenen Tor fern. Die Uhr lief runter und dem FCK gelang es nicht der Partie einen eigenen willensstarken Stempel aufzudrücken. Immer wieder befeuert von den mitgereisten Fans kam erst gegen Ende der 90 Minuten so etwas wie eine Schlussoffensive auf. In der vierten Minute der Nachspielzeit war es dann erneut Osayamen Osawe, der den Ball über die Linie brachte. Eine feine Flanke von Naser Aliji landete am langen Pfosten, wo der Lauterer Angreifer den Ball nur noch einnicken brauchte. Der Gästefanblock schien zu explodieren und die vor dem Block hüpfenden und ekstatisch jubelnden Roten Teufel schienen den Eindruck zu erwecken, dass sie in dieser Sekunde endlich das Pokalfieber gepackt hatte. Doch die Euphorie erhielt schon in der vierten Minute der Nachspielzeit einen jähen Dämpfer. Eine Nachlässigkeit von Philipp Mwene brachte André Weis in Verlegenheit. Der herauslaufende Lauterer Keeper warf sich in den Ball, brachte André Wallenborn zu Fall. Bibiana Steinhaus zeigte auf den Punkt von wo aus Klaus Gjasula trocken verwandelte (94.). Die erneute Führung für den Halleschen FC.
In der verbleibenden Zeit gelang es dem FCK nicht mehr das Spiel wirklich an sich zu reißen. Es fehlte durchweg an zwingenden Spielideen und mit den fahrigen Offensivbemühungen des Zweitligisten hatten die tief stehenden Hallenser kaum Probleme und brachten den knappen Vorsprung über die Zeit. Eine Verlängerung, die aus Sicht des Lauterer Anhangs trotz des zuvor lautstark bejubelten Last-Minute-Ausgleichs eigentlich für den Arsch war! Der Hallesche FC ist weiter, der 1.FC Kaiserslautern ist raus! Seit acht Jahren erstmals wieder in der ersten Runde! Ein Ausscheiden aus dem DFB-Pokal-Wettbewerb gegen einen niedriger klassierten Verein ist für jede Mannschaft ein Nackenschlag, wenn auch keine Schande. Das ist dem 1.FCK letztmals in der Saison 2008/2009 passiert und auch als Bundesligist hatten die Roten Teufel schon mal das Nachsehen in einer ersten Pokal-Runde. Auch jetzt an diesem Wochenende hat mancher in einer höheren Klasse rangierende Verein gegen vermeintliche Underdogs bereits Federn lassen müssen. Das ist schließlich auch die Würze im Pokal-Wettbewerb.
Was im Lager des 1.FCK jetzt zurückbleibt ist dennoch ein mulmiges Gefühl. Was richtig weh tut, ist der Umstand, dass die vielbeschworene Aufbruchstimmung durch die bisher dargebotenen Leistungen einen herben Dämpfer erlitten hat. Vor allem jetzt im Pokalwettbewerb, wo es um alles oder nichts geht und wo nicht nur vermeintlich spielerische Vorteile in der Waagschale landen dürfen. Hier ist Konzentration gefragt und wenn ein Spielverlauf es abverlangt eben auch sichtbares Aufbäumen und Fußball mit Gift und Galle! Immerhin rund 1.600 Fans aus der Pfalz, dem näheren sächsischen und sachsen-anhaltinischen Umland, waren dem 1.FCK in das schmucke Kurt-Wabbel-Stadion gefolgt. Da war nach dem Abpfiff viel Enttäuschung, Resignation, Unlust und Wut zu spüren, zu sehen und zu hören. Nicht nur wegen des Ergebnisses, sondern vor allem wegen der Art und Weise wie der FCK am Samstag diese Partie verloren hatte.
In den Wochen als das kickende Personal in seinem – wohlgemerkt verdienten – Urlaub den Allerwertesten irgendwo in die Sonne hielt, bemühten sich zahlreiche Menschen aller Hierarchie-Ebenen rund um den Betzenberg darum, den Umbruch auf allen Ebenen des Vereins zu organisieren und vor allem die Menschen wieder zu mobilisieren. Das hatte tatsächlich auch funktioniert! Die beschworene Aufbruchstimmung war greifbar und fühlbar. Insofern ist das Ausscheiden aus dem Pokal nicht nur eine Ernüchterung für ein noch nicht funktionierendes Team, das sich noch auf der Suche nach dem Weg zum Erfolg befindet. Es ist auch eine tiefe Wunde in jener gerade produzierten bescheidenen Euphorie. Die wird schon vor dem Anpfiff der nächsten Heimpartie gegen Fortuna Düsseldorf einen nächsten spürbaren Dämpfer erhalten, wenn sich wieder einmal eine ganz spärliche Kulisse am ungeliebten Montagabend im riesigen Fritz-Walter-Stadion verlieren wird. Die Saison ist noch jung und in der noch immer nicht fertigen Mannschaft fehlt es noch an so vielem. Natürlich braucht das Zeit. Nur werden auch die Verantwortlichen wissen, dass die Geduld der Fangemeinde, bei allen beschworenen Parolen zum Zusammenhalt, nicht endlich sein wird.
mg
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