Reichlich Spannung, fehlendes Glück, zu wenig Biss

Zum zweiten Mal in Folge gab es im Südwest-Derby am Betzenberg ein torloses Remis

Trotz magerem Derby-Zuspruch, die Westtribüne war gut gefüllt gestern (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Trotz magerem Derby-Zuspruch, die Westtribüne war gut gefüllt gestern (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Eines der Highlights einer Saison, das Heimspiel gegen den Südwestrivalen Karlsruher SC. Für die Fans beider Lager eine Paarung mit hohem Stellenwert. In den Tagen und Wochen davor liegt bis zum Anpfiff in der Regel ein emotionales Knistern in der Luft, das auch medial regelmäßig Beachtung findet. Am gestrigen Sonntag wollten dennoch nur 28.487 Zuschauer das 58. Südwest-Derby sehen. Am Ende trennten sich der 1.FCK und der KSC mit einem torlosen Unentschieden. Die Roten Teufel hatten mehr vom Spiel, kreierten mehr Chancen und verbuchten auch die klareren Möglichkeiten. Die Gäste aus Nordbaden hatten gegen Ende der ersten und mit Beginn der zweiten Halbzeit starke Phasen und erarbeiteten sich ihrerseits einige Möglichkeiten. In der 62. Minute netzte der eingewechselte Jaques Zoua per Kopf zwar ein, doch der Treffer wurde wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung aberkannt. Eine Fehlentscheidung, die dem FCK den verdienten Sieg kostete.

Mit Haken und Ösen, Osayamen Osawe (Foto: Thomas Füssler)

Mit Haken und Ösen, Osayamen Osawe (Foto: Thomas Füssler)

Bereits zum fünften Mal in Folge schickte Trainer Tayfun Korkut die gleiche Startformation ins Spiel während Kollege Thomas Oral gegenüber der Heimpleite gegen Sandhausen gleich fünf Wechsel vornahm. Der FCK begann druckvoll und die Gäste hätten schon nach einer Viertelstunde deutlich hinten liegen können. Wenn nicht wieder einmal die schlechte Chancenauswertung Pate gestanden hätte. Bereits in der fünften Minute hatte Marcel Gaus nach präziser Hereingabe von Philipp Mwene frei vor dem Tor die Führung auf dem Fuß, trat aber am Spielgerät vorbei. Auch Osayamen Osawe hatte zwei gute Szenen, die einen Treffer verdient gehabt hätten. Nach Einwurf von Philipp Mwene brachte er jedoch nicht genug Druck hinter den Abschluss (13.) und in der 15. Minute konnten die Karlsruher nach einem sehenswertem Sprint bis zur Grundlinie seine Hereingabe gerade noch so klären. Es dauerte mehr als 20 Minuten ehe die Karlsruher sichtbar Zugriff aufs Spiel bekamen und erstmals nennenswert vor dem Kasten von Julian Pollersbeck auftauchten. Doch außer einem durch Patrick Ziegler abgefälschten Schuss des quirligen Japaners Hiroki Yamada brachten die Gäste zumindest in Halbzeit eins das Tor des 1.FCK nicht sonderlich in Gefahr. Torlos ging es in die Kabine.

Hatte die Führung in der 5. Minute auf dem Fuß, Marcel Gaus (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Hatte die Führung in der 5. Minute auf dem Fuß, Marcel Gaus (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Die Gäste kamen mit mehr Schwung aus der Halbzeitpause und entwickelten zu Beginn des zweiten Durchgangs eine gewisse optische Dominanz. Jedoch ohne zwingende Torgelegenheiten dabei zu erarbeiten. Der FCK bekam wieder etwas mehr Schwung nachdem Trainer Tayfun Korkut zunächst für Naser Aliji mit Jaques Zoua einen weiteren Angreifer (60.) und mit Daniel Halfar für Lukas Görtler einen quirligen und kreativen Mittelfeldakteur mit Zug zum Tor (69.). Ein wichtiges Pfund, wenn man auf der Bank nominell Jaques Zoua war es dann auch, der nur wenige Sekunden nach seiner Einwechslung das Stadion zum Beben brachte. Nach einem feinen Freistoß des am gestrigen Nachmittag erneut glänzend aufgelegten Zoltan Stieber stieg der Kameruner am höchsten und köpfte den Ball über den KSC-Keeper ins Netz (62.).

Auch gestern wieder souveräner Rückhalt, am ende vor dem Tor glücklos, Ewerton (Foto: Thomas Füssler)

Auch gestern wieder souveräner Rückhalt, vor dem Tor glücklos, Ewerton (Foto: Thomas Füssler)

Der Torjubel hielt aber nicht lange, denn an der Außenbahn hielt der Assistent von Schiedsrichter Günter Perl die Fahne in der Waagerechte Richtung Fünfmeterraum und signalisierte eine Abseitsstellung. Sturmkollege Osayamen Osawe stand zum Zeitpunkt der Ballabgabe zweifelsfrei im Abseits. Doch der behinderte weder Sicht noch Aktionsradius von Keeper Dirk Orlishausen. Der davor postierte vermeintliche Torschütze kam insofern regelgerecht an den Ball. Der Linienrichter könnte die beiden auch verwechselt haben, so Trainer Tayfun Korkut nach dem Schlusspfiff. Bitter, aber nicht zu ändern. Dennoch hätten die Roten Teufel in der Schlussphase der Partie mit weiteren Möglichkeiten die Partie immer noch für sich entscheiden können, aber sowohl Christoph Moritz (70.), Osayamen Osawe (74.), Daniel Halfar (79. und 81.) vergaben aussichtsreiche Möglichkeiten. Die letzte Chance der Partie hatte dann Ewerton, der in der Nachspielzeit nach einer Ecke von Zoltan Stieber frei vorm Tor zum Kopfball kam, aber die Kugel über den Kasten bugsierte.

Wieder mit Leidenschaft gerackert, Lukas Görtler (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Wieder mit Leidenschaft gerackert, Lukas Görtler (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Die vor allem im Verlauf der zweiten Hälfte deutlich besser aufspielenden Gäste bissen sich indessen an der Lauterer Defensive die Zähne aus. Über den gesamten Verlauf der Partie war es auch einmal mehr Julian Pollersbeck, der mit hoher Konzentration, brillanten Reflexen, einem souveränen Stellungsspiel und seiner unaufgeregten Spielweise und stoischer Ruhe die besten Möglichkeiten der Nordbadener vor allem im zweiten Durchgang entschärfte. In der 59. Minute parierte er gekonnt gegen Florian Kamberi, der Ewerton entwischt war. Auch in der 68. Minute vereitelte der Keeper der Lauterer einen Treffer des Schweizers. Seit Wochen ist der Junge in bestechender Form. Die Nominierung zur U21-Nationalmannschaft hat ihm zusätzlich Selbstvertrauen und Sicherheit gegeben. Da wächst einer heran, der noch ein ganz Großer werden könnte, wenn er mit den Füßen auf dem Boden bleibt. Außer bei hohen Flanken. Aber Gerry Ehrmann wird seinen Schützling schon Woche für Woche ausreichend erden, dessen dürfen wir uns sicher sein.

Sorgte nach der Einwechslung für mehr Druck, Jaques Zoua (Foto: Thomas Füssler)

Sorgte nach der Einwechslung für mehr Druck, Jaques Zoua (Foto: Thomas Füssler)

Gleiches Qualitätsurteil gilt übrigens auch für die vier Akteure in der Abwehrreihe vor Julian Pollersbeck. Zum fünften Mal in Folge blieb die Mannschaft von Trainer Tayfun Korkut vor heimischem Publikum ohne Gegentreffer. Eine historische Bestmarke! Natürlich auch ein Fundament, dessen Stabilität noch weiter ausbaufähig scheint. Mit der Sicherheit und der sichtbaren Stabilität in der Defensive wächst in den kommenden Wochen vielleicht auch das Vertrauen nach vorne im Spiel hin und wieder etwas mehr Mut und Risiko zu gehen. Phasenweise wirken Spielaufbau und Umschaltspiel noch etwas zu unentschlossen, zu behäbig und uninspiriert. Doch wenn man dem Trainer Glauben schenken darf, dann braucht eben alles seine Zeit. Wenn diese schrittweise  Entwicklung weiter erfolgreich anhält, dann werden wir mit dieser Mannschaft noch viel Freude haben. Mit der eingeschlagenen Tendenz und dem Potential, das in diesem Kader steckt, stehen die Chancen jedenfalls nicht schlecht, dass vor allem vor heimischem Publikum in nicht allzu weiter Zukunft auch der Fußball „Marke Betze“ wieder salonfähig wird.

Der Kopfballtreffer fand keine Anerkennung, Jaques Zoua (Foto: Thomas Füssler)

Der Kopfballtreffer fand keine Anerkennung, Jaques Zoua (Foto: Thomas Füssler)

Dem könnten natürlich auch die Fans einen Stempel aufdrücken. Mit einer regelmäßig stattlichen Kulisse und einem Höllenspektakel von der Tribüne. Nach zuletzt vier Spielen ohne Niederlage war allerdings die Zuschauerzahl am gestrigen Sonntag bei einer Partie mit dieser Bedeutung eher ein Hohn. Es mag viele Gründe geben, warum nicht mehr als 30.000 Besucher gekommen sind. Das Spiel fiel auf den ersten Advent, da mag mancher ein besinnliches Familienleben dem Stadionbesuch vorgezogen haben. Die Anstoßzeit im Bundesliga-Unterhaus tut an einem solchen Tag ihr übriges. Bei den KSC-Spielen der letzten Jahre gab es auch immer wieder unschöne Vorkommnisse. Die Erinnerungen an die Gewalt-Eskalation vor zwei Jahren sind beim Lauterer Anhang noch sehr präsent und die Eindrücke sitzen noch immer tief. Auch wenn man es nicht wahrhaben will, aber auch diese Problematik hält vom Stadionbesuch ab. Vor allem an den eher leeren Blöcken auf der Osttribüne war das gestern deutlich abzulesen.

Unnötiges Spektakel im Karlsruher Block (Foto: Thomas Füssler)

Unnötiges Spektakel im Karlsruher Block (Foto: Thomas Füssler)

Der Anhang aus Karlsruhe hat gestern wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Vernunft für einen erheblichen Teil der Fans im eigenen Lager eine fremde Welt zu sein scheint. Schon lange vor dem Anpfiff hatte sich ein großer Pulk aus dem KSC-Lager vor dem Gästeeingang seiner Mitbringsel entledigt und diverse Rauchbomben direkt vor dem Eingangsbereich gezündet. Das gleiche Schauspiel dann kurz vor dem Anstoß. Minutenlang waren Osttribüne, Nordtribüne und dann auch der Rasen in weißen Nebel gehüllt und wurde eine ganze Batterie mit einem knallenden Feuerwerk abgebrannt, weswegen der Schiedsrichter die Partie auch mit ein paar Minuten Verspätung angepfiffen hatte. Besonders grotesk und dämlich mutete da auch das am Zaun befestigte Transparent „Keine Kollektivstrafen“ an. Für manchen Betrachter bleibt auch ein Gefühl von Unverständnis zurück, wie es gelingen kann, dass solche Artikel trotz des rauchigen Vorspiels vor dem Eingang dann doch ins Stadion gelangen. Man darf gespannt sein, wie die DFL reagiert und ob auch beim FCK was hängen bleibt.

Spruchband zur Erinnerung an den diese Woche verstorbenen ehemaligen Kapitän des FCK, Hans-Günter Neues (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Spruchband zur Erinnerung an den kürzlich verstorbenen ehemaligen Kapitän des FCK, Hans-Günter Neues (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Noch drei Partien sind in der Vorrunde zu spielen. Das Saisonziel einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen, könnte durchaus schon in der Vorrunde erreicht werden. Die nächsten beiden Gegner liegen in der Tabelle allesamt hinter den Roten Teufeln. Kein Grund überheblich zu werden und die Partien auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber ein bisschen breite Brust nach nunmehr drei Siegen und zwei Remis sei gestattet. Am kommenden Freitag geht es nach Hamburg zum Tabellenletzten FC St.Pauli, der bereits mit dem Rücken zur Wand steht. Bei der letzten Heimpartie des Jahres gastiert Erzgebirge Aue auf dem Betzenberg ehe es dann wenige Tage vor Weihnachten zum FC Nürnberg geht. Das sind alles erfolgreich lösbare Aufgaben. Einfach hinten weiter dicht halten und vorne das Glück auch mal erzwingen…‘s deed Zeid werre!

mg


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