Dann waren da nur noch Traurigkeit und Leere

Der Abstieg ist besiegelt, der 1.FCK muss den bitteren Gang in die dritte Liga antreten

Bittere Tränen nach dem Abpfiff, Marius Müller (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Bittere Tränen nach dem Abpfiff, Marius Müller (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Ein Spiel, das den Verlauf einer kompletten Saison sinnbildlich widerspiegelt. Der 1.FCK unterlag gestern Abend mit 2:3 in Bielefeld. Der Absturz in die dritte Liga ist nun auch rechnerisch nicht mehr zu verhindern. Mit 2:0 führten die Roten Teufel bereits durch zwei Treffer von Sebastian Andersson (37., 54.), ehe die Gastgeber in der 61. Minute durch einen Handelfmeter verkürzen konnten. Benny Kessel hatte auf der Linie gerettet, den Schuss von Fabian Klos dabei aber klar mit der Hand gespielt. Eine indiskutable Rote Karte. In Unterzahl konnte der FCK dem wütenden Bielefelder Druck zunächst standhalten, musste dann aber in der 70. Minute den Ausgleich hinnehmen. In einer turbulenten Schlussphase spielten beide Teams auf Sieg. Der FCK hatte bis zum Abpfiff noch hochkarätige Möglichkeiten, doch der Ball wollte einfach nicht mehr über die Linie. In der 3. Minute der Nachspielzeit besiegelte die Arminia dann das Schicksal des FCK, als Fabian Klos bei einem letzten Konter das Leder an Marius Müller vorbei im Lauterer Tor unterbrachte. Der 1.FC Kaiserslautern steigt damit erstmals in seiner ruhmreichen Geschichte in die dritte Liga ab!

Die Defensivarbeit auch gestern nicht immer solide (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Die Defensivarbeit auch gestern nicht immer solide (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Es hatte sich bereits seit Wochen abgezeichnet, der FCK taumelte vor allem in den zurückliegenden acht Wochen mit einer Achterbahnfahrt und mit zu wenig Konstanz dem Abstieg entgegen, konnte den Abstand auf den Relegationsplatz oder gar das rettende Ufer über dem Strich nur ein paarmal verkürzen. Aber ausgerechnet gegen die Mitkonkurrenten Erzgebirge Aue und Greuther Fürth ließ der 1.FCK im Tabellenkeller entscheidende Punkte liegen. Zuletzt eben auch bei der Niederlage in Bochum oder vor Wochenfrist bei der faden und unnötigen Heimpleite gegen Dynamo Dresden. So ging es in den noch verbleibenden drei Spielen ohnehin nur noch darum, das scheinbar Unvermeidliche möglichst lange hinauszuzögern. Dass dies gelingen könnte, sah in der gestrigen Partie eigentlich zunächst gar nicht so unmöglich aus. Der FCK begann forsch, war schnell im Spiel und erspielte sich erste Möglichkeiten. In der 8. Minute zog Philipp Mwene den Ball mit links übers Tor. Wenige Minuten später hatte Sebastian Andersson die Führung auf dem Fuß, verpasste aber nach glänzender Vorarbeit und Hereingabe von Osayamen Osawe knapp (11.).

Rund 1.200 Fans hatten den FCK gestern begleitet (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Rund 1.200 Fans hatten den FCK gestern begleitet (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Bielefeld kam nach einer viertel Stunde besser ins Spiel und nahm das Heft des Handelns mehr und mehr in die Hand. In der 20. Minute hatte der FCK Glück, als Roberto Massimo frei zum Schuss kam, das Leder aber neben den Pfosten setzte. In der 22. Minute fand Andreas Kirschbaumer in Marius Müller seinen Meister, Florian Hartherz zielte nur kurz darauf daneben (23.). Auf der Gegenseite prüfte Osayamen Osawe Keeper Stefan Ortega (24.). Glück für den FCK dann in der 30. Minute, als Andreas Kirschbaumer nach Doppelpass mit Fabian Klos aus knapp 15 Metern völlig frei zum Schuss kam, aber das Leder deutlich über den Kasten drosch. Die Zuschauer sahen nun eine kurzweilige Partie in der es hin und her ging, wenn auch in einigen Momenten mit einigen fußballerischen Unzulänglichkeiten auf beiden Seiten.

Trifft zur Lauterer führung, Sebastian Andersson (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Trifft zur Lauterer führung, Sebastian Andersson (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Dann in der 37. Minute Jubel im Gästeblock. Joel Abu Hanna behauptete nach einem Zweikampf im Mittelfeld den Ball, schob das Leder auf die linke Seite auf Osayamen Osawe, der seinen Gegenspieler nahezu stehen ließ und dann scharf nach innen passte. Philipp Mwene bekam keinen Zugriff auf den Ball, leitete unfreiwillig auf den am zweiten Pfosten postierten Sebastian Andersson, der zum 1:0 für den FCK einschob. Die rund 1.200 Fans im Lauterer Block nun aus dem Häuschen. Sollte das kleine Wunder nun doch noch seinen Lauf nehmen? Der seit Wochen in vielen Köpfen schwelende Gedanke, die Sehnsucht nach einem guten Ende, sie begann wieder zu glimmen und heller zu werden. Die Führung gab auch auf dem Platz zunächst etwas Sicherheit und Stabilität. So passierte im ersten Durchgang auch nicht mehr viel, der FCK hielt die Gastgeber vom eigenen Sechzehner weitestgehend fern, der Unparteiische bat zum Pausentee.

Markierte auch den zweiten Lauterer Treffer, Sebastian Andersson (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Markierte auch den zweiten Lauterer Treffer, Sebastian Andersson (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Der Gästeanhang im Stadion und vermutlich abertausende Fans zuhause vor den Fernsehgeräten durften nach Wiederanpfiff in der 54. Minute gefühlt literweise Euphorie-Hormone ausschütten, als Sebastian Andersson nach erneut feiner Vorarbeit von Osayamen Osawe zum zweiten Mal einnetzte. Der pfeilschnelle Engländer kam über links, tanzte seinen Gegenspieler Henri Weigelt aus, passte nach innen, wo der lange Schwede goldrichtig stand und das Leder zum 2:0 einnetzte! Sollte es doch noch eine Vertagung des Absturzes geben? Der Lauterer Anhang brüllte sich im Block die Seele aus dem Leib, Freudentänze in unzähligen Wohnstuben und Fußballkneipen. Doch die Ernüchterung sollte nur wenige Minuten später folgen. Die Bielefelder, selbst noch mit Ambitionen auf den Aufstiegs-Relegationsplatz, brauchten zwar ein paar Minuten, um den zweiten Treffer zu verdauen, gingen dann aber mehr Tempo und drängten auf den Anschlusstreffer. In der 61. Minute bediente Andreas Vogelsammer seinen Kollegen Fabian Klos. Der Bielefelder Goalgetter hatte freie Bahn, verlud Marius Müller und sein Abschluss wäre direkt ins Tor gegangen, wenn nicht Benjamin Kessel auf der Linie mit klarem Handspiel geklärt hätte. Die logische Konsequenz, rote Karte für den Lauterer und Strafstoß für Bielefeld. Fabian Klos verwandelte trocken zum 1:2!

Anschlusstreffer, Arminia verkürzt auf 1:2 (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Anschlusstreffer, Arminia verkürzt auf 1:2 (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Es sollte noch schlimmer kommen. In Unterzahl war der FCK um Ordnung bemüht. Philipp Mwene rückte auf die defensive Außenposition, Sebastian Andersson agierte fortan weiter hinter Osayamen Osawe und Bielefeld drückte. Nach einer Flanke von der halbrechten Position vor das Lauterer Tor, stand Stipe Vucur viel zu weit weg von seinem Gegenspieler Andreas Voglsammer, der frei zum Kopfball kam und die Kugel zum 2:2 ins Netz beförderte (70.). Die Hausherren hatten ausgeglichen. Ernüchterung auch im Lauterer Block. Momente lang erstickte die Euphorie in blankem Entsetzen, blieb dem tapferen Anhang der Support im Halse stecken. Abstiegskampf über Wochen und Monate hinweg zermürbt. Auch die treuen Seelen auf den Rängen! Wer will es da verdenken, wenn es im Block mal still wird und sich einmal mehr die Angst in den Gesichtern der mitgereisten treuesten der Treuen breit macht?

Am Ende alles in die Waagschale geworfen (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Am Ende alles in die Waagschale geworfen (Foto: www.der-betze-brennt.de)

In der 82. Minute setzte FCK-Cheftrainer Michael Frontzeck noch einmal alles auf eine Karte und wechselte mit Lukas Spalvis und Halil Altintop gleich zwei frische Offensivkräfte ein. Der gestern enttäuschende Nils Seufert und Joel Abu Hanna mussten weichen. Letzterer hatte sich vor wenigen Tagen auch für einen Verbleib beim FCK geäußert, was man ihm hoch anrechnen muss. Youngster Nils Seuffert hingegen dürfte mit seinem kürzlich geäußerten wachsweichen Geschwurbel hinsichtlich seines Verbleibs beim 1.FCK beim Lauterer Anhang viel Kredit verspielt haben. Wenn man eigentlich noch Grünschnabel ist und grade mal eine Zweitligasaison absolviert hat, wären etwas mehr verbale Zurückhaltung und gelebte Bescheidenheit auch nicht die schlechteste Tugend. Mit den beiden Einwechslungen bekam das Lauterer Spiel noch einmal sichtbare Impulse und es entwickelte sich eine dramatische Schlussphase. Beide Teams agierten nun mit offenem Visier,  spielten auf Sieg und erarbeiteten sich teils beste Chancen.

Vergab per Kopf, Osayamen Osawe (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Vergab per Kopf, Osayamen Osawe (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Der FCK gleich viermal, aber Stipe Vucur (86.), Sebastian Andersson (88.), Jan-Ingwer Callsen-Bracker (90.) und Philipp Mwene (90.+2) vergaben Möglichkeiten aus aussichtsreichster Position, während Marius Müller auf der Gegenseite gegen Keanu Staude klären musste (90.+1). Den Schlusspunkt setzte dann Fabian Klos, der bei einem letzten Konter fast allein und ungehindert auf Marius Müller zulief und am Lauterer Keeper vorbei die Kugel ins Tor der Roten Teufel bugsierte. Das war um 20.21 Uhr. Da war der Abstieg besiegelt. Schiedsrichter Guido Winkmann ließ erst gar nicht mehr anstoßen und beendete nur Augenblicke später die Partie. Während die Gastgeber jubelnd über den Rasen hechteten, sanken etliche der Akteure im roten Dress konsterniert zu Boden. Der Lauterer Anhang stand zunächst wie paralysiert im Gästeblock. Es dauerte zähe Augenblicke, bis auch dort oben in der Ecke einige in Tränen ausbrachen, andere wiederum trotzig und nicht ohne Stolz um ihren geliebten Verein bereits wieder erste aufmunternde Gesänge anstimmten.

Enttäuschung und Leere auch bei etlichen Spielern (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Enttäuschung und Leere auch bei etlichen Spielern (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Natürlich gab es auch Pfiffe und wütende Reaktionen, was ob der Tragödie und der über die gesamte Spielzeit sportlich tristen Lage nur völlig verständlich war und ist. Die Mannschaft verharrte mit teils leerem Blick minutenlang vor dem Gästefanblock, Marius Müller vergoss mindestens ebenso viele bittere Tränen wie manche und mancher da oben im Block. Dann erhob sich nochmals ein eindrucksvolles „You’ll never walk alone“ aus der roten Ecke der Bielefelder Alm. Mutmacher für die eigene Seele und vielleicht auch für den einen oder anderen Spieler, der die Absicht und den Willen hat bleiben zu wollen. Was ob der ungewissen Zukunft und der gefühlten Tragik eines Abstieges in die dritte Liga trotzdem auf beiden Seiten überwog, war am Ende dann eine tiefe Traurigkeit und eine unendliche Leere in den Köpfen und in den Herzen. Bei allen, denen dieser Verein am Herzen liegt und auch künftig liegen wird.

mg


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