Mol annerschd uff die annere geguckt – 1.FC Heidenheim
Mit dem Club von der Ostalb kommt auch der aktuell dienstälteste Trainer an den Betze
Morgen gastiert der 1.FC Heidenheim am Betzenberg. Seit dem Aufstieg in die zweite Liga nach der Saison 2013/2014 bereits zum dritten Mal. Bei den Gästen der Roten Teufel wird mit Frank Schmidt ein Mann an der Seitenlinie stehen, der bereits seit September 2007 beim Club von der Ostalb das Amt des Cheftrainers innehat. Wohlgemerkt, ununterbrochen! Seit fast zehn Jahren Trainer beim gleichen Verein! Mit seiner Karriere und mittlerweile 345 Spielen ist Frank Schmidt damit der aktuell dienstälteste Trainer. Nicht nur in der zweiten Liga, sondern im deutschen Profifußball. Chapeau! Neben den Akteuren auf dem grünen Rasen dürfte kaum eine andere Berufsgruppe derart unter einem massiven Beobachtungs- und Beurteilungsfokus stehen, wie die der Trainergilde im Profifußball. Nicht selten ist bei ausbleibendem Erfolg der Job schnell weg. An dieser Stelle ist das heutige Fußball-Geschäft gnadenlos. Grund genug den Langzeit-Coach auch mal etwas hervorzuheben.
Auf der Liste der aktuell dienstältesten Übungsleiter rangieren hinter Frank Schmidt derzeit übrigens Thorsten Lieberknecht bei Eintracht Braunschweig (seit Mai 2008) in Liga zwei, Uwe Koschinat bei Fortuna Köln (seit Juli 2011) in Liga drei, Christian Streich beim FC Freiburg (sei Dezember 2011) in der ersten Liga und Thorsten Ziegner beim FSV Zwickau (seit Juli 2011) in der dritten Spielklasse. Zum Vergleich, im Zeitraum zwischen Sommer 2007 und Frühjahr 2017 hatten beim 1.FCK nicht weniger als 13 (in Worten – dreizehn!) verschiedene Trainer auf der Bank Platz genommen! Angefangen von Kjetil André Rekdal, Milan Sasic, Marco Kurz, Krassimir Balakov, Franco Foda, Kosta Runjaic, Konrad Fünfstück, Tayfun Korkut und jetzt eben Norbert Meier. Komplettiert wird die lange Liste durch die Interimstrainer Alois Schwartz, der zweimal (2008 und 2009) für wenige Wochen den Trainerstuhl übernommen hatte sowie Oliver Schäfer der ebenfalls zweimal (2012 und 2013) nach einer davor erfolgten Trainerentlassung kurzfristig in Bresche gesprungen und offiziell das Amt des Cheftrainers ausübte.
Der 1.FCK ist mit diesem Trainerverschleiß allerdings nicht allein im deutschen Profifußball. Da finden sich auch andere prominente Beispiele. Vielleicht mit ein paar weniger oder sogar mehr Gesichtern, die man über den Zeitraum einer Dekade in die Ahnengalerie hängen kann. Der Erfolg zählt, meist auch nur noch in kurzfristigen Zeitdimensionen interpretiert. Der Druck auf die verantwortlichen Akteure im Traineramt ist in allen drei Profiligen gewaltig. Je nach Verein und Ligazugehörigkeit für den einen oder anderen, der sich auf einen Trainerjob einlässt, vielleicht sogar zu groß. So mancher namhafte Lizenzinhaber, wie zum Beispiel Ralf Rangnick hat auch von sich aus schon in der Folge einer durch den beruflichen Druck begründeten Depression das Handtuch geworfen und sich zumindest temporär von der Fußballbühne verabschiedet. Besonders tragisch, Sascha Lewandowski hat sich nach seinem Rücktritt vom Trainerposten bei Union Berlin sogar das Leben genommen.
Wie kommt es aber, dass viele Trainer in diesem harten Geschäft oft nach kurzer Zeit scheitern, oder nach nur zwei oder drei Spielzeiten weiterziehen, während andere – wenn auch nur wenige – mit ihren Vereinen eine jahrelange gemeinsame Arbeitsgrundlage pflegen können. Bisweilen auch völlig ohne laute Töne, ohne Phasen in denen ein Arbeitsverhältnis kritische oder wacklige Züge annehmen würde. Im Falle von Frank Schmidt schwingt hier sicher eine Reihe von Faktoren mit, wenn man ihn und sein Arbeitsumfeld betrachtet. Fakt ist, der „Typ“ Frank Schmidt passt zu diesem Verein. Er kommt auch von dort, ist in Heidenheim geboren. Natürlich ist es auch eine andere Situation, wenn man in einem eher beschaulich anmutenden Kleinstadtverein, der sich gerade anschickt sich in der zweithöchsten deutschen Spielklasse zu etablieren, arbeitet. Da mutet das Haifischbecken eines traditionsbeladenen und von sportlichen Erfolgen und Titeln gepflasterten Vereins wie dem des 1.FCK schon etwas unsicherer an.
Bisher war die sportliche Entwicklung in Heidenheim im Wesentlichen von einem tendenziellen Aufwärtstrend begleitet. Im ersten Zweitligajahr fuhr man einen respektablen 8. Tabellenplatz ein. Im vermeintlich schwierigeren zweiten Jahr einer Ligazugehörigkeit belegten die Heidenheimer dann den 11. Rang, hatten über die gesamte Spielzeit aber mit dauerhaftem Abstiegskampf wenig am Hut. Aktuell rangiert der Club von der Ostalb auf dem 6. Tabellenplatz und hat auch das Zeug noch in Sichtweite zu den Aufstiegsrängen zu kommen. Natürlich darf man darüber spekulieren, wie die Situation auch für einen Trainer Trank Schmidt aussehen würde, wenn der Club in arger Abstiegsnot wäre. Im Moment jedenfalls funktioniert das Erfolgsmodell Heidenheim, speziell im Verhältnis Trainer und Verein. Vielleicht weil der Verein genau das lebt, was Frank Schmidt ausmacht und weil ein Trainer Frank Schmidt das lebt was den Verein definiert. Bodenständigkeit, Bescheidenheit, Ruhe.
Nach außen sicher eher ein Leisetreter, nach innen mitunter aber auch rauer Lautsprecher. Er verkörpert Giftigkeit, vermag Siegeswillen zu transportieren, weiß seine Mannschaft emotional aufzuheizen. Er weiß seine Spieler motivatorisch auch dort anzupacken, wo sich durchaus noch Kräfte mobilisieren lassen. Eine besondere Sicht auf den Trainer und die Persönlichkeit Frank Schmidt erlaubte im Jahr 2013 die Filmdokumentation „Trainer“ von Aljoscha Pause. Drei Profitrainer begleitete der Filmemacher ein Jahr lang und gab mit seiner Produktion einen unverblümten tiefen Einblick in das Alltagsleben von André Schubert, Stephan Schmidt und eben Frank Schmidt. Der Film ist übrigens wirklich empfehlenswert und ist auf DVD auch zu bekommen. Sehenswert, wenn Bilder und Momentaufnahmen, Zitate und Sprüche in ungeahnter Authentizität für sich sprechen. Da packt ein Trainer Frank Schmidt einen seiner Spieler an der Seitenlinie am Kragen und verspricht ihm bei einem Sieg zwei Tage Urlaub. Auch der Moment, wenn Schmidt im Interview mit leuchtenden Augen erzählt, dass er noch nicht mal seine Kinder beim „Mau-Mau“ gewinnen lassen kann, verrät viel über das Siegergen, das in ihm steckt.
Dabei war Frank Schmidt bei seinem Amtsantritt im September 2007 eigentlich nur eine Interimslösung. Nach der Entlassung des damaligen Coachs Dieter Märkle übernahm Schmidt zunächst provisorisch den Trainerposten und sollte eigentlich nur bis zur Winterpause den Chefsessel belegen. Aber unter seiner Regie kam der Erfolg zurück. Der Verein entschied sich für eine längerfristige Zusammenarbeit. Am Ende der Oberliga-Saison führte er Heidenheim in die Regionalliga und in der darauffolgenden Saison 2008/2009 sogar als Meister der Regionalliga-Süd in die 3. Liga. Es folgte die einjährige Ausbildung zum Fußballlehrer an der Sporthochschule in Köln. Schon im März 2011 verlängerten die Verantwortlichen in Heidenheim seinen Vertrag vorzeitig bis Sommer 2015. Die Saison schlossen die Heidenheimer auf Platz 9 ab. In den zwei nächsten Spielzeiten belegte man einen 4. und einen 5. Platz, ehe dann in der Saison 2013/2014 der Aufstieg in die zweite Liga gelang. Sein damals laufender Vertrag galt bis 2015. Die Verantwortlichen verlängerten den Kontrakt mit Schmidt in der Aufstiegseuphorie um weiter fünf Jahre bis zum 30. Juni 2020.
Eine echte Erfolgsstory, die zumindest laut Vertrag nun noch gut drei weitere Jahre andauern wird. Wir wünschen Trainer Frank Schmidt auf diesem Weg viel Glück. Außer natürlich wenn es gegen den 1.FCK geht. Insofern gilt für morgen, die Punkte bleiben in Lautern, da kann der Vertrag in Heidenheim so lange laufen wie er will.
mg
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