Männer mit Pfeife und Maske entscheiden das Spiel
Eintracht Braunschweig entführt glücklich drei Punkte vom Betzenberg
Der Druck wird höher, die Abstiegsängste größer. Nach der unglücklichen Niederlage am gestrigen Sonntag rangieren die Roten Teufel unverändert auf Rang 14 der Zweitligatabelle. Wobei der Abstand nach unten immer dünner wird. Die Mannschaft hat gestern ein couragiertes Spiel gezeigt, hat mit viel Moral, einer vorbildlichen kämpferischen Leistung, einem läuferisch hohen Aufwand die gegenüber dem ambitionierten Aufstiegskandidaten aus Niedersachsen spielerischen Defizite kompensiert. Vor allem in der zweiten Halbzeit war Lautern die klar bessere Mannschaft, hatte zumindest qualitativ das Chancenplus auf seiner Seite. Dennoch entschieden die Löwen aus Braunschweig die Partie für sich. Auch weil dem Gespann mit Pfeife und Fähnchen ein kapitaler Fehler unterlaufen war und nach einem klaren Handspiel im Strafraum dem Gastgeber einen Handelfmeter verwehrte.
Schon vor dem Anpfiff war klar, die Begegnung würde ein heißer Tanz. Eintracht Braunschweig ist seit Wochen auf Aufstiegskurs. Die letzte Niederlage datierte von Anfang Februar. Die Roten Teufel hingegen hatten sich zuletzt mit einer unterirdischen Leistung einen viel diskutierten Nackenschlag beim Abstiegskandidaten in Bielefeld geleistet und kommen seit Wochen nicht von der Pforte zum dunklen Teil des Tabellenkellers weg. Augenscheinlich schickte Norbert Meier auch eine eher defensiv ausgerichtete Formation aufs Feld. Aber der FCK nahm von Anfang an das Heft in die Hand. Auch wenn spielerisch vieles glanzlos blieb, die Körpersprache stimmte. Das war nicht nur eine optische Wahrnehmung, das ließ sich auch akustisch unterstreichen. Die offiziell 23.756 Zuschauer im Stadion, darunter etwa 1.300 Fans aus Braunschweig, machten ordentlich Stimmung. Viel Zählbares sprang im ersten Durchgang dennoch nicht heraus. Die ersten beiden Aufreger gingen eigentlich auch eher nach hinten los, als Keeper Jasmin Fejzic einen verunglückten Rückpass von Joseph Baffo vor Jaques Zoua klären musste (2.). Aber auch Philipp Mwene hatte mit einer verunglückten Kopfballrückgabe den eigenen Torhüter auf die Probe gestellt (13.).
Die erste herausgespielte Großchance hatten die Gastgeber. Philipp Mwene zog aus halbrechter Position beherzt ab und brachte mit einem tückischen Aufsetzer den Löwen-Keeper in leichte Verlegenheit, der gerade noch zur Ecke klären konnte (19.). Auf der Gegenseite durfte sich Julian Pollersbeck nach einer guten halben Stunde beweisen, als er einen satten Schuss von Mirko Boland aber sicher packen konnte (31.). Die Mannschaft von Norbert Meier ackerte viel, nahm die Kulisse mit jedem Zweikampf, mit jeder Grätsche, mit jeder leidenschaftlichen Aktion mit. Dennoch beschäftigten die Gäste die Lauterer Defensivreihen mit schnellem, sicherem und flüssigem Angriffsspiel. Erst in den letzten fünf Minuten in Durchgang eins konnten sich die Schützlinge von „Papa Norbert“ wieder ein wenig den eigenen Offensivbemühungen widmen. Nennenswerte Torchancen indes blieben aus. So ging es torlos zum Pausentee.
Im zweiten Durchgang legten die Jungs im Roten Dress von Anfang an in punkto Leidenschaft, Wille und Körpereinsatz dann noch eine Schippe drauf. Die Kulisse nahm dankend an und feuerte nun von allen Tribünen herunter an. Trotz magerer Kulisse phasenweise ein akustisches Höllenfeuer. Der FCK schaltete schon bald auf Powerplay um und kam folglich auch zu guten Möglichkeiten. So hätten Marcel Gaus mit einer beherzten Direktabnahme (52.), Sebastian Kerk mit einem verunglückten Abschluss (54.), erneut Sebastian Kerk mit einem Flachschuss (62.) und Daniel Halfar mit einem Distanzschuss (66.) durchaus eine verdiente Führung rausballern können, aber es fehlten einmal mehr die Präzision beim letzten Ball und auch das nötige Glück, dass so ein Ding eben auch mal reingeht. Auf der Gegenseite hatte in der 58. Minute Christoph Moritz einen Kopfball von Joseph Baffo gerade noch von der Linie kratzen können. Es ging heiß her auf dem Rasen.
Der Aufreger der Partie dann in der 67. Minute. Philipp Mwene setzte sich auf der rechten Seite durch und flankte. Sein im Strafraum postierter Gegenspieler Gustav Valsvik kriegte den Ball an den sichtbar ausgestreckten Arm. Einen klareren Handelfmeter gibt es eigentlich kaum. Das haben alle im Stadion gesehen, aber die Pfeife von Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck blieb stumm. Dafür rastete das Publikum förmlich aus, die Verantwortlichen auf der Bank bedrängten den vierten Offiziellen. Eine völlig unterirdische Fehlentscheidung, aber nicht zu ändern, so bitter es sich auch anfühlen mag. Aktuell übrigens keine Seltenheit mehr. Woche für Woche beschäftigen einzelne Entscheidungen der Schiedsrichtergespanne die Analysen der Medienwelt und zerren an den Nerven der Fans, Spieler und Verantwortlichen. Nach Aussage von Trainer Norbert Meier in der gestrigen SWR-Sendung Flutlicht sei der Unparteiische nach der Partie noch in die Kabine gekommen und habe sich für die Fehlentscheidung entschuldigt. Das muss man dem Mann sicher hoch anrechnen, nutzen tut es dem FCK letztlich nichts.
Dennoch räumte Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck wohl ein, dass sein Assistent mittels Funkverbindung zwar „Hand“ signalisiert habe, aber der fällige Pfiff blieb aus. Wenn dem so war, dann haben da gleich zwei aus dem Gespann von „Pfeife und Fähnchen“ keinen Arsch in der Hose gehabt. Wenn ein Linienrichter eine Regelverletzung erkennt und die Muskelkontraktion versagt, um das Arbeitswerkzeug zu heben, damit jedem im Stadion sichtbar bestätigt wird, was selbst der letzte auf der Tribüne gesehen hat, dann stimmt bei dem Mann an der Linie etwas nicht. Entweder in der Motorik oder bei der Einstellung zu seinem Job. Ebenso bei dem Mann mit der Pfeife. Wenn er eine Meldung des Kollegen an der Seite übers Mikro nicht dazu nutzt sich selbst einzugestehen, dass der da draußen an der Linie deutlich besser steht und das Geschehen auch eindeutiger erkennen konnte, um danach zu handeln, dann kann man hier nicht mehr von Gespann und Team sprechen. Sei’s drum, es bleibt ein irreversibler Fehler. Der aber nervt halt gewaltig!
Der FCK steckte zwar nicht auf, aber auch die Braunschweiger hatten immer wieder wuchtigen Zug zum gegnerischen Tor. Speziell die Standards der Gäste hatten es in sich, allem voran die Ecken. Das waren fein justierte und diszipliniert einstudierte Abläufe mit denen die FCK-Abwehr bisweilen ihre liebe Mühe hatte. Ein Eckball von Ex-FCK-Spieler Hendrik Zuck von der linken Seite sorgte dann auch für die Entscheidung. Der Ball kam über Biada auf den langen Pfosten, wo das Leder zunächst auf den Oberschenkel von Mirko Bohland sprang und dieser dann den Ball fast unbedrängt grade noch so per Kopf ins Tor bugsieren konnte (79.). Julian Pollersbeck gab in dieser entscheidenden Situation keine glückliche Figur ab. Sein Mentor Gerry Ehrmann wäre in seinen aktiven Jahren in so einer Situation vermutlich in einer Weise an den Ball gegangen, dass dem gegnerischen Akteur die eine Maske, die er bereits trug für den Rest der Partie ganz sicher nicht gereicht hätte! Und der Ball wäre bei seinem Arbeitsstil wer weiß wo gelandet, aber sicher nicht im Tor. Kopf hoch Julian, Gerry bringt Dir auch das noch bei!
Die Roten Teufel steckten dennoch nicht auf und gingen in eine bissige Schlussoffensive. Der eingewechselte Lukas Görtler hatte hier fast freistehend per Kopf noch die Möglichkeit zum Ausgleich (80.). Auch der ebenfalls eingewechselte und wegen seiner Wechselentscheidung mit Pfiffen geschmähte Robert Glatzel hätte in der Nachspielzeit (90.+1) noch einnetzen können, scheiterte aber am Keeper der Niedersachsen und an der eigenen Präzision. Ein Tor wollte nicht mehr fallen, die Braunschweiger brachten das Ergebnis über die Zeit. Für den 1.FCK sind es nach unten nun noch 3 Punkte zum Relegationsplatz. Nach oben sind es zwar auch nur 6 Punkte zum gesteckten Saisonziel einer einstelligen Tabellenplatzierung. Aber die Mannschaft tut gut daran den Blick nach unten im Fokus zu behalten und den Abstiegskampf anzunehmen. Schnörkellos und mit der gleichen Leidenschaft wie die gestrige Partie gestaltet wurde. Die englische Woche birgt eh kaum Luft zum Verschnaufen und Nachdenken. Am Mittwoch geht’s nach Bochum. Der Ruhe in den eigenen Reihen stünde ein Drei-Punkte-Paket gut zu Gesicht. Dann drücken wir mal die Daumen, dass die Not nach der Wochenmitte nicht noch größer zu werden droht.
mg
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