Mach‘s noch einmal, „Sayamen“
Rote Teufel holen ersten Auswärtssieg – Matchwinner erneut Osayamen Osawe
Nach bislang drei Niederlagen und einem Remis auf fremdem Terrain sicherte sich der 1.FCK bei seinem gestrigen Gastspiel in Fürth den ersten Auswärtssieg der Saison. Durch ein Tor seines aktuell besten Torschützen Osayamen Osawe. Aber auch durch konzentrierte Abwehrleistung und taktische Disziplin. Spielerisch und läuferisch sah das zumindest in der ersten Halbzeit auch sehr gut aus, wobei insgesamt noch immer Luft nach oben bleibt. Aber das dürfte mit Blick auf das Punktekonto zur Bewertung der gestrigen Partie erst einmal zweitrangig sein. Der Dreier ist ein Erfolg des Kollektivs. Ein hoffnungsvoller Entwicklungsschritt nach vorne, der zumindest für die kommenden Wochen eine wichtige Ausgangslage darstellt, dass hier noch einiges mehr gehen könnte. Mit dem gestrigen Sieg schaffen die Roten Teufel auch erstmals in der laufenden Saison zwei Siege in Folge und finden sich vorübergehend auf Tabellenplatz 12 wieder. Auch dies bislang die beste Platzierung der laufenden Saison. Für die Fangemeinde des Traditionsclubs nicht nur Grund zum Durchatmen. Es sollte auch Motivation dafür sein, dass diese Mannschaft bedingungslose Unterstützung verdient hat.
Seit Wochen bitten die Verantwortlichen um Geduld dafür, dass der zu Saisonbeginn beschworene Umbruch und Neuanfang einfach Zeit brauche. Bedenkt man, dass die Truppe gestern ohne sieben nominelle Startelfkandidaten ins Rennen ging, dann darf man attestieren, dass die Mannschaft, die ins Rennen geschickt wird mindestens das liefert oder geliefert hat, was vor allem die Fangemeinde seit jeher fordert. Sie kämpft! Gegen den Gegner, gegen den Ball, gegen die eigene Verunsicherung, gegen die Kritik von außen, gegen den eigenen inneren Schweinehund, gegen die lange Lazarettliste! Mit den vielen Verletzten der letzten Wochen hat die mittlerweile erfolgreichere Mannschaft längst ein Gesicht, das von der namentlichen Zusammensetzung auch die Verantwortlichen vor Saisonbeginn so nicht auf dem Zettel gehabt haben dürften. Aber es zeigt, dass sich der Trainer auch auf die im Grunde „gesetzten“ Reservisten verlassen kann. Im Laufe einer Saison ein wichtiges Pfund, das in der Kausalität einer inversen Interpretation für den FCK noch wichtig werden könnte, wenn alle wieder an Bord sind.
Dort wo die verletzten Rückkehrer wieder auf ihre Plan-Position marschieren, scheinen momentan die vielen Vorschusslorbeeren gerechtfertigt. Speziell im Defensivbereich. Mit dem zu Saisonbeginn von Sporting Lissabon ausgeliehenen Brasilianer Ewerton hat die Innenverteidigung deutlich an Sicherheit gewonnen. Doch der gelernte Defensivmann mit der Rückennummer 5 war gestern nicht alleine der Garant dafür. Dazu trägt seit zwei Spielen auch erheblich sein unbekümmerter Nebenmann Robin Koch bei. Direkt dahinter steht zwischen den Pfosten mit dem jungen Julian Pollersbeck eine weitere Säule abgeklärt stoischer Ruhe, körperlicher Präsenz und beneidenswerter Reflexe. Ein stabiles Dreieck als Fundament dafür, hinten die Null einfacher halten zu können als noch zu Saisonbeginn. Das war auch in der gestrigen Partie mehrmals sichtbar. Wobei sich speziell in der Drangphase der Hausherren in den zehn Minuten nach dem Lauterer Führungstor das Kollektiv mit einer geschlossenen Leistung ein Sonderlob verdient hatte und jeder einzelne Akteur sich gegen einen möglichen Ausgleich gestemmt hatte. Bis zum Siegtreffer gab es auf Seiten der FCK-Fangemeinde dennoch einige Nervenanspannung. In der Vorwärtsbewegung dominierte der FCK vor allem in Halbzeit eins das Geschehen, aber es hätten mehr Torchancen rausspringen müssen. Wenn man vorne nicht trifft, geht’s halt meist in die Hose!
Bei den sich bietenden Möglichkeiten fehlte letztlich die Konzentration, für den Ertrag die Effektivität zu verbessern. In der 30. Minute hätte nach Freistoß von Kreativmann Zoltan Stieber aus nächster Nähe Lukas Görtler einnetzen können. Er hätte nur intuitiver agieren und mit dem Kopf zum Leder gehen müssen. „Ich habe den Ball nicht gesehen“, attestierte der unermüdliche Kämpfer nach dem Abpfiff. Er ist noch jung und es wäre ihm zu wünschen, dass er mit wachsender Erfahrung und Spielpraxis seine Instinkte hin zur richtigen Entscheidung führen wird. Man kann ihm bei all seinem Spielfleiß derzeit nachsehen, dass er im Spielgeschehen den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Eine charmante Metapher, die er selbst rund um seine privaten Leidenschaften sicher verstehen wird. Eine weitere Chance hatte Osayamen Osawe auf dem Fuß, nachdem er glänzend von Christoph Moritz freigespielt wurde, blieb aber gegen gleich zwei Defensivleute der Kleeblätter erfolglos. Das sollte sich in Halbzeit zwei ändern. Mit dem torlosen Unentschieden ging es in die Kabine.
Für den Auftakt in Fürth ließ Trainer Tayfun Korkut übrigens die gleiche Formation auflaufen, die auch gegen Bochum erfolgreich war. Never change a winning team! Eine Entscheidung, die sich bis zehn Minuten vor dem Ende auszahlen sollte. Dann machte der Trainer hinten dicht, brachte für den lauffreudigen Lukas Görtler mit Stipe Vucur einen weiteren wuchtigen Defensivmann. Mit der Fünferkette war dann in der Schlussphase der Partie für die Hausherren erst Recht kein Durchkommen mehr. Zuvor hatten die Gastgeber vieles versucht, um den Führungstreffer der Lauterer zu egalisieren. Gegen die hartnäckig verteidigenden Gäste aber glücklos und vergeblich. Hartnäckig agierte der FCK nach dem Wiederanpfiff aber auch nach vorne. Nach einem klugen Pass von Zoltan Stieber versuchte es Osayamen Osawe von der Strafraumkante mit rechts. Sein Schuss wurde geblockt, doch er konnte den Ball behaupten, verlud geschickt seine beiden Gegenspieler, zog vor dem heraneilenden dritten Defensivmann trocken mit seinem schwächeren linken Fuß ab und netzte im linken unteren Eck ein (51.)! Neben der Chance aus dem ersten Durchgang hatte er noch zwei weitere Möglichkeiten, scheiterte aber einmal am Fürther Keeper (68.) und zog einmal über den Kasten (76.). Ausgerechnet Osayamen Osawe, der noch vor drei Wochen mit seinem delikaten nächtlichen Partyausflug nach Paris für reichlich Unruhe im Lauterer Lager gesorgt hatte.
Es war in der laufenden Woche bereits der vierte Saisontreffer des wuchtigen Briten. Nachdem er in der laufenden Saison zuvor nur zweimal getroffen hatte, einmal im DFB-Pokal, einmal beim Heimsieg gegen Dresden. Er arbeitet viel, läuft viel, behauptet und holt Bälle, aber er traf eben zu lange nicht. Für einen Stürmer immer unbefriedigend. Da hatten wir in der Vergangenheit schon so manchen auf dem Rasen, der über eine wochenlang anhaltende Ladehemmung in die Kritik geraten war oder der mit sich selber haderte und darüber zu verzweifeln schien. Mag sein, dass es auch die tragikomische Parallelität zu der Komödie von Woody Allen „Play it again Sam“ war, die den Jungen zu seinem mehr als dämlichen Ausflug nach Paris trieb. Einfach mal den Kopf frei kriegen. Aber, seither trifft er und die Lauterer Fangemeinde aus der heraus ihn nach seiner Verfehlung am liebsten zerpflückt und vom Berg gejagt hätten, huldigt ihm nun mit einer zum Evergreen avancierenden vokalen Persiflage – „Paris, Paris, wir fahren nach Paris“! Mit dem FC Union Berlin kommt am nächsten Samstag zwar der aktuelle Tabellenzweite, aber auch ein Team, das sich schon vierzehn Gegentreffer gefangen hat. Immerhin schon zwei mehr als die Roten Teufel! Da kann man nur sagen, mach‘s noch einmal, Osayamen!
Rund 1.500 Auswärtsfahrer waren übrigens auch gestern wieder mitgereist. Die Akteure auf der Tribüne unterstützten mit einem leidenschaftlichen Support die nicht minder leidenschaftlichen Kicker auf dem Rasen. Leider mit einem Wermutstropfen. Das kleine optische und akustische Feuerwerk aus den Sortiment-Katalogen der pyrotechnischen Industrie könnte noch teuer werden. Der FCK hat bereits die gelbe Karte und steht nach diversen Vergehen in der Vergangenheit unter Beobachtung. Man darf gespannt sein, wie lange es dauert, bis auch die DFL den Bogen hier überspannt sieht. Nicht auszuschließen, dass man sich demnächst mal mit einem Zuschauer-Teilausschluss am heimischem Betzenberg auseinandersetzen muss. Vor dem Hintergrund, dass der Besucherzuspruch abgesehen von zwei Partien bisher ohnehin eher mager war, wäre das doppelt schmerzlich. Warten wir ab, was auf den Verein zukommt. Nur, dass was kommen wird, dürfte fast unvermeidlich sein. Was nicht unvermeidlich bleiben muss ist die gähnende Leere auf den Tribünen im Fritz-Walter-Stadion. In der Fangemeinde sollte jetzt auch der Letzte verstanden haben, dass vor allem ein sportlich so gravierender Umbruch wie in dieser Saison Geduld braucht. Aber auch Zuspruch und Unterstützung. Es wird in der Saison ganz sicher wieder Rückschläge geben. Aber wenn hier etwas entstehen soll, geht das nur zusammen. Dass ein attraktives Fundament bereits steht, haben in jedem Fall die beiden letzten Spiele gezeigt. Daraus ein attraktives Haus zu bauen liegt auch ein Stück weit an uns Fans!
mg
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