…so woll’n wir doch geschlossen hinter uns’rer Mannschaft steh’n

Eine eher dreckige Partie sichert ersten Heimsieg…und spaltet die Fanszene

Viel Krampf, wenig Spielkultur gestern Abend (Quelle dbb.de)

Viel Krampf, wenig Spielkultur gestern Abend (Quelle dbb.de)

Die in der letzten Saison über weite Strecken der Spielzeit manifestierte Bastion Betzenberg schien gestern Abend beim Heimspiel gegen Paderborn zu bröckeln. Nicht wenige der 27.803 Zuschauer im Fritz-Walter-Stadion hielten sich ein ums andere Mal schon in Halbzeit eins die Hände vors Gesicht, ob der schwachen und verhaltenen Leistung der Männer im roten Dress. So mancher Gast auf den Tribünen hatte bei der Darbietung schon vor dem Pausenpfiff die Befürchtung, an diesem Abend wäre die erste Heimniederlage der Saison unabwendbar. Am Ende stand dennoch ein Heimsieg zu Buche. Einer der dreckigen Art, ein knapper, ein mühevoller, ein zäher, ein unansehnlicher, einer der die Besucher auf den Rängen Nerven gekostet hatte. Schon zum Pausenpfiff verschaffte sich ein Großteil der treuen Follower vor allem im Westen des altehrwürdigen Fußballtempels mit einem gellenden Pfeifkonzert seinem Unmut Luft, ob der dargebotenen Leistung. Ein Zeichen, das für Reibung sorgte. Nicht nur direkt nach dem Abpfiff.

In Halbzeit eins war die FCK-Abwehr häufig gefordert (Quelle dbb.de)

In Halbzeit eins war die FCK-Abwehr häufig gefordert (Quelle dbb.de)

Der SC Paderborn hatte eine Woche zuvor ein Waterloo im heimischen Stadion erlebt und wurde von einer starken Gastmannschaft aus Sandhausen mit 0:6 demontiert und gedemütigt. Trainer Gellhaus versprach denn auch Wiedergutmachung und sein Gegenüber auf Lauterer Seite hatte bereits unter der Woche davor gewarnt, dass man einen giftigen und schwierig zu spielenden Gegner erwarten würde. Die Roten Teufel gingen mit der gleichen Aufstellung wie gegen Union Berlin ins Spiel. Trainer Markus Gellhaus nahm nach dem Debakel aus der Vorwoche gleich vier Änderungen vor. Rafa Lopez war nicht einmal im Kader, Hoheneder wegen Gelb-Rot gesperrt, Daniel Brückner und Idir Ouali mussten beide auf der Bank Platz nehmen. Stattdessen liefen Florian Ruck, Florian Hartherz, Süleyman Koc und Moritz Stoppelkamp auf.

Chris Löwe übernimmt Verantwortung vom Punkt... (©thof)

Chris Löwe übernimmt Verantwortung vom Punkt… (©thof)

Der FCK tat sich in den Anfangsminuten schwer gegen die Ostwestfalen, die aus einer aufmerksamen, dicht gestaffelten Abwehr agierten. Die erste Chance gehörte dann auch den Gästen, als Mahir Saglik einen Distanzschuss aufs Gehäuse von Marius Müller zog, der den schwer zu berechnenden Ball mit dem Fuß parierte (8.). Schon eine Minute später erneut Aufregung, als Nick Proschwitz im Lauterer Strafraum abzog und den Außenpfosten traf. In der Folge agierte der Absteiger aufmerksamer, gedankenschneller, ballsicherer und verlangte unseren Jungs einiges ab, wodurch das Spiel der Roten Teufel nicht stabiler und sicherer wurde. Nach einer knappen Viertelstunde wurde allerdings der von Kasper Przybylko bediente Ruben Jensen zwar auf die linke Seite abgedrängt, aber der ungestüme Moritz Stoppelkamp säbelte den agilen Mittelfeldmann an der Torauslinie um. Schiri Benjamin Cortus entschied sofort auf Elfmeter. Chris Löwie übernahm Verantwortung, legte sich den Ball auf den Punkt und verwandelte abgeklärt zum 1:0 (15.). Wer glaubte, die Führung würde für mehr Ruhe im Lauterer Spiel sorgen, sah sich getäuscht.

...und trifft souverän zum 1:0 (Quelle dbb.de)

…und trifft souverän zum 1:0 (Quelle dbb.de)

Die Paderborner blieben weiter aggressiv und nahmen das Spiel wieder zusehends an sich, während die Elf von Kosta Runjaic mehr und mehr an Sicherheit verlor. Fehlpässe, Ideenlosigkeit, Zurückhaltung prägten das Lauterer Spiel. So waren es auch die Gäste, die in der 22. Minute die nächste erwähnenswerte Duftmarke setzten. Einen Distanzschuss von Florian Hartherz konnte Marius Müller mit gekonnter Faustabwehr entschärfen. Der FCK kreierte kaum noch nennenswerte Aufreger. Einzig ein Distanzschuss von Daniel Halfar (30.) und ein Versuch von Alexander Ring aus aussichtsreicher Position von der Strafraumgrenze (40.) waren verhaltener Lohn für verhaltene Leistung. Viel Mittelfeldgeplänkel mit unansehnlichen Ballstafetten und zahllosen Ballverlusten auf beiden Seiten. Die besseren Möglichkeiten hatten dabei noch die Gäste als ein Schussversuch von Moritz Stoppelkamp nur knapp über die Latte strich (41.) oder Mahir Saglik kurz vor dem Halbzeitpfiff von Stipe Vucur am Torerfolg gehindert werden konnte.

Glückwünsche für den Torschützen (©thof)

Glückwünsche für den Torschützen (©thof)

Die Zuschauer verabschiedeten die Roten Teufel mit einem vehementen Pfeifkonzert in die Kabine. Eine Geste für die Jean Zimmer und Chris Löwe schon beim Gang in den Tunnel wenig Verständnis zeigten. Nach dem Halbzeittee wechselte Runjaic den bereits verwarnten aber auch völlig indisponierten Patrick Ziegler vom Feld und brachte mit Antonio Colak einen frischen Offensivmann. Es waren allerdings erneut die Gäste, die eine erste Duftmarke setzten. Süleyman Koc wurde über rechts von Proschwitz bedient, hämmerte aus spitzem Winkel das Leder allerdings ans Außennetz (52.). Härte und Hektik in der Partie nahmen zu. Nickligkeiten, Fouls und Rudel-Bildungen nahmen zu. Es blieb auch in der Folge bei der fußballerischen Magerkost aus Halbzeit eins. Die Paderborner erzeugten kaum noch zwingende Gefahr. Lediglich der eingewechselte Christian Bickel setzte noch einmal Marius Müller in Szene (74.) und verfehlte mit einem Freistoß das Lauterer Tor (76.).

Zerfahren und hektisch - die Stimmung in der zweiten Halbzeit (©thof)

Zerfahren und hektisch – die Stimmung in der zweiten Halbzeit (©thof)

Die Schlussphase der Partie war dann geprägt von vielen Fouls und Hektik, aber auch von einer endlich kompakteren Leistung der Roten Teufel, die nun sichtbar souveräner auf die Entscheidung drängten. Allein Kasper Przybylko hatte in den letzten 10 Minuten gleich dreimal den zweiten Treffer auf dem Fuß, scheiterte jedoch am starken Keeper Lukas Kruse. Der FCK rettete die knappe Führung auch über die 3 Minuten Nachspielzeit und fuhr damit den ersten Heim-Dreier der Saison ein.

Ein dreckiger Sieg, aber nicht unwichtig für die Moral der Truppe. Die war und ist wohl im Verhältnis zur Fangemeinde seit gestern Abend nachhaltig gestört. Kapitän Chris Löwe beorderte die Kollegen nach dem Abpfiff direkt zum Spielertunnel anstatt vor die Kurve. Sowohl der Kapitän der Roten Teufel als auch Trainer Kosta Runjaic zeigten in Interviews wenig Verständnis für die Pfiffe nach der ersten Halbzeit. Zwei Duftmarken, die für anhaltende Diskussionen sorgen. In den sozialen Netzwerken tobt seit gestern Abend ein “ Zwei-Lager-Shitstorm“. Auf der einen Seite, diejenigen Fans, die sich durch die Geste der Mannschaft, die Äußerungen einzelner Spieler oder des Trainers und ob der dargebotenen Leistung brüskiert sehen.

Kollektive Verweigerung vor einem Gang zur Kurve (Quelle dbb.de)

Kollektive Verweigerung vor einem Gang zur Kurve (Quelle dbb.de)

Auf der anderen Seite, diejenigen, die nicht müde werden daran zu erinnern, dass vor jedem Heimspiel von den Tribünen in traditionellem Liedgut die Geschlossenheit von Fans und Mannschaft intoniert wird und beklagen, dass die dünnhäutigen Kritiker wohl den Sinngehalt der dritten Strophe des „Betze-Lieds“ scheinbar völlig verdrängt haben (…läuft im Spiel mal nichts zusammen, und es will und will nichts geh’n, so woll’n wir doch geschlossen, hinter uns’rer Mannschaft steh’n…).

So wie es im Leben meistens ist, haben wohl beide Seiten ein bisschen Recht. Es knistert jedenfalls im Gebälk. So etwas muss nicht immer im Drama enden. Manchmal sind bereinigende Gewitter ganz wohltuend. Das ist ein Umstand, der in jeder Familie mal vorkommt. Da fällt gerade auf, das wollen wir doch sein, eine große FCK-Familie, oder? Die nächsten Wochen werden zeigen ob sich die Familie wieder zusammenrauft, denn nur gemeinsam als Einheit kann eine Gemeinschaft stark sein, oder ob der gefühlte Eklat zur Zerreißprobe wird. Ich bevorzuge eindeutig die erste Variante!

mg


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