„Ooooh, wie ist das schööööööön…!“

Der 1. FCK zieht gegen Mainz 05 mit Leidenschaft in zweite Pokalrunde ein

Torjubel nach dem zweiten Treffer (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Torjubel nach dem zweiten Treffer (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Die Auslosung zur ersten Hauptrunde im DFB-Pokal bescherte dem 1. FC Kaiserslautern eine reizvolle Partie. Der ewige Rivale aus Mainz gasierte am Betzenberg. Vom Papier her eine Begegnung mit klarer Rollenverteilung. Die Favoritenrolle kam dabei eindeutig dem Erstligisten aus der Landeshauptstadt zu. Doch der DFB-Pokal hat bekanntlich seine eigenen Gesetze. Trotz phasenweise drückender spielerischer Überlegenheit vermochten die Gäste aus Mainz aus ihrer Rolle nicht gerecht zu werden. Vor 40.694 Zuschauern hielt der FCK mit leidenschaftlichem Einsatz, mit unbändigen Willen aber auch mit fußballerischen Glanzpunkten dagegen. Ein etwas umstrittener Foulelfmeter in der 63. Minute brachte den FCK letztlich auf die Siegerstraße. Manfred Starke verwandelte kurios. Die endgültige Entscheidung erzwang dann Florian Pick, der bei einem Gegenangriff sein Herz in die Hand nahm, sich nach Zuspiel von Neuzugang Simon Skarlatidis durch den Sechzehner dribbelte und dem Keeper der Mainzer keine Chance ließ (90.).

40.694 Zuschauer sorgten gestern für eine große und großartige Kulisse (Foto: www.der-betze-brennt.de)

40.694 Zuschauer sorgten gestern für eine große und großartige Kulisse (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Bereits am frühen Vormittag roch die Stadt nach Fußball. Nach Fußball wie in alten Zeiten. Anstoßzeit um 15.30 Uhr, frühe Betriebsamkeit rund um den Betzenberg und eine sich langsam und unaufhaltsam füllende Stadt. Selbst im weiteren Umland war bereits früh sichtbar, dass sich am gestrigen Samstag regelrechte Besucherströme Richtung Kaiserslautern auf den Weg machten und eine große Kulisse zu versprechen schienen. Schon die S-Bahnen, die am späten Vormittag aus der Vorderpfalz Richtung Kaiserslautern fuhren, waren proppenvoll und mit jedem Kilometer, den sich die roten Lindwürmer dem Lauterer Hauptbahnhof näherten, wuchs die Zuversicht der zahlreichen FCK-Fans – „die pagge mer heit“. Die Optimisten im Lauterer Lager sollten Recht behalten. Dabei hatte sich der Anhang der Gäste bereits in den Wochen vor der Begegnung mehr als siegessicher gezeigt und hatte mehrfach giftige Verbal-Attacken Richtung Betzenberg geschleudert. Die Anstrengungen in der Landeshauptstadt trugen Früchte. Immerhin 6.000 Fans wagten die Reise nach Kaiserslautern. Dabei war der Gästeanhang mehrheitlich dem Aufruf „Alle in Weiß“ gefolgt und hat so in den Gästeblöcken auf der Osttribüne ein geschlossenes Bild abgeliefert. Wenn auch sprichwörtlich etwas farblos.

Nicht nur Torschütze sondern immer wieder auch Gefahrenherd, Florian Pick (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Nicht nur Torschütze sondern immer wieder auch Gefahrenherd, Florian Pick (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Alles andere als farblos war der Auftritt der Gäste aus Mainz in der Anfangsphase. Vom Anpfiff weg nahmen die Mainzer das Heft in die Hand. Der FCK stand tief und die Gäste kombinierten munter vor und punktuell auch durch die Lauterer Defensivreihen. Gleich drei hochkarätige Chancen ließ dabei allein Robin Quaison in der Anfangsviertelstunde liegen. In der 7. Minute fand der schwedische Angreifer im gestern glänzend aufgelegten Lennart Grill seinen Meister. Nur zwei Minuten später verzog der Angreifer (9.) und in der 14. Minute setzte er einen Distanzschuss ab, der nur knapp übers Tor strich. Auch in der 18. Minute ein Schrecksekunde für den FCK-Anhang. Nach einer scharfen Hereingabe von Aaron Caricol war es erneut Robin Quaison, der den Ball frei vor dem Lauterer Keeper lediglich am Torpfosten vorbei ins Toraus bugsierte.

Viel geackert und den Elfmeter rausgeholt, Timmy Thiele (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Viel geackert und den Elfmeter rausgeholt, Timmy Thiele (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Ein erster schneller Angriff des FCK in der 20. Minute wurde zwar nicht sauber zu Ende gespielt, hatte aber gleich drei Signalwirkungen. Einmal registrierten die Gäste erstmals, dass auch der Gegner Gefahr aufbauen kann. Zum anderen spürte die Elf von Sascha Hildmann, dass die geforderte Marschrichtung mit viel Mut zu agieren auch in der Offensive funktionieren kann und man sich nicht zu verstecken braucht. Zum Dritten ließ die Kulisse keinen Zweifel daran, dass sie bereit war ihre Jungs frenetisch nach vorne zu peitschen. Nur wenige Minuten später dann auch die erste Chance für den FCK, als Timmy Thiele nach einer Ecke per Kopf verpasste (25.). Der FCK war jetzt im Spiel und agierte mehr und mehr auf Augenhöhe. Auch die Intensität nahm zu und mit jeder Ruppigkeit der Gäste wurde die Stimmung aufgeheizter. Dennoch verbuchten die Gäste wieder die nächsten Möglichkeiten. Aber sowohl Daniel Brosinski (36.) als auch Karim Onisiwo (42.) vergaben bei Distanzschüssen. So ging es mit einem für den FCK respektablen 0:0 Unentschieden in die Kabine. Begleitet von Standing Ovations für einen mutigen und leidenschaftlichen Auftritt ihrer Roten Teufel.

Wirbelwind auf der Außenbahn, Dominik Schad (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Wirbelwind auf der Außenbahn, Dominik Schad (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Den Beginn der zweiten Halbzeit musste Schiedsrichter Felix Zwayer um einige Augenblicke verschieben, da im Gästeblock zum wiederholten Male Pyrotechnik gezündet wurde und Rauchschwaden kurzzeitig die Sicht in der Spielhälfte vor der Osttribüne vernebelte. Mainz rang auch in den Anfangsminuten des zweiten Durchgangs um Spielkontrolle, drängte den FCK tief in die eigene Hälfte. Doch der FCK setzte nach Balleroberungen mit schnellem Umschaltspiel immer wieder Nadelstiche. So tankte sich Timmy Thiele in der 62. Minute in den gegnerischen Strafraum, sein Gegenspieler Stefan Bell stellte im Laufduell den Fuß vor den Ball, beide gingen zu Boden und Schiedsrichter Felix Zwayer zeigte ohne zu zögern auf den Punkt. Neuzugang Manfred Starke legte sich das Spielgerät auf den Punkt, Keeper Florian Müller ahnte die rechte Ecke, warf sich in den Ball, doch die Kugel bekam auch durch die Abwehrbewegung einen derartigen Drall, dass sie vor dem Mainzer Keeper vorbei in die andere Ecke über die Linie kullerte. Der FCK führte 1:0 (63.)!

Starker Auftritt und Elmeterschütze, Manfred Stark (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Starker Auftritt und Elmeterschütze, Manfred Stark (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Nun war im Stadion sprichwörtlich die Hölle los. Hatte die Kulisse die Roten Teufel auch bis dahin schon bedingungslos angefeuert, so schwappte nun bei jeder Balleroberung, bei jeder Grätsche, bei jedem Sprint, bei jeder Kombination, bei jeder Abwehraktion ein akustischer Donnerhall auf den Rasen herab. Der FCK stand nun wieder tief in der eigenen Hälfte und verteidigte leidenschaftlich, immer wachsam dafür im geeigneten Moment das Spielgerät zu erobern und vor allem über die Außenbahnen ein begeisterndes Umschaltspiel aufzuziehen. Wenn auch nicht immer erfolgreich zu Ende gespielt. Sei’s drum! Den Roten Teufeln gelang es mit viel Leidenschaft und phasenweise mit klugem eigenem Ballbesitz die Mainzer vom eigenen Tor fernzuhalten. Die hatten zunächst lediglich durch Schüsse von Karim Onisiwo aus spitzem Winkel (72.) und durch den eigewechselten Alexandru Maxim (76.), dessen Schuss über das Tor strich, weitere Chancen. Doch mit fortlaufender Spielzeit lief den Mainzern nicht nur die Zeit davon, die Gäste ließen es auch immer mehr an Präzision und Konzentration missen.

Die Szene, die zum Strafstoß führte (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Die Szene, die zum Strafstoß führte (Foto: www.der-betze-brennt.de)

In der zerfahrenen Schlussphase lag eine knisternde Spannung in der Luft. Die Mainzer rannten stellenweise kopflos an, der FCK warf alles in die Waagschale, kämpfte um jeden Ball, blockte, grätschte und kreierte auch immer wieder eigene schnelle Offensivaktionen. Es war ein feuriger Pokalfight, der das Stadion während der gesamten 90 Minuten zum brodelnden Vulkan mutieren ließ und der seinen endgültigen akustisch-eruptiven Ausbruch in der letzten Minute erlebte. Der eingewechselte Gino Fechner leitete mit einem Diagonalball auf den ebenfalls eingewechselten Simon Skarlatidis einen Konter ein. Der Neuzugang aus Würzburg schien an der linken Strafraumseite den Ball schon fast verloren zu haben, steckte das Leder aber nochmal auf Florian Pick durch, der sich im Strafraum im Zweikampf mit seiner unnachahmlichen Gangart stark durchsetzte und das Leder zum 2:0 einnetzte (90.). Die Kulisse explodierte förmlich und die Tribünen schienen Feuer zu speien. Ein Momentum, das an legendäre Zeiten auf dem Betzenberg erinnerte.

Das 1:0! Der von Manfred Starke getretene Elfer kullert über die Linie (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Das 1:0! Der von Manfred Starke getretene Elfer kullert über die Linie (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Der Mainzer Anhang indessen, von dem im zweiten Durchgang ohnehin nicht mehr viel zu hören war, schien nun völlig hohl zu drehen. Mehrfach hatte der sogenannte Q-Block bereits im ersten Durchgang und auch in der zweiten Halbzeit über den kompletten Block verteilt vereinzelt Leuchtfackeln entzündet. Die letzten davon flogen nun über den Zaun und landeten auf dem Spielfeld. Der Gipfel der Peinlichkeit entflammte sich sprichwörtlich am Blockzaun der weißen Mainzelmännchen. Eine der Fackeln entzündete das große rote Banner (Q-Block Power) vor Block 18.1 und auch die hektischen Versuche einiger der rheinhessischen Ultras die textile Heimarbeit vor den Flammen zu retten, waren nur bedingt von Erfolg gekrönt. Sehr zur Freude des Lauterer Anhangs, der den Vorfall hämisch beobachtete und auch bis zum Tag danach in Foren und sozialen Netzwerken mit kleinen Video-Clips dokumentiert und spöttisch kommentiert. Tja, liebe Mainzer, lasst es einfach künftig Eure weihnachtlichen Maxi-Wunderkerzen in Stadien abzubrennen, wenn Ihr es nicht könnt.

Der Ball zum 2:0 ist unterwegs (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Der Ball ist zum 2:0 unterwegs (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Das Spiel blieb für lange Minuten aufgrund der lustig anmutenden Darbietung des Mainzer Anhangs unterbrochen. In den anschließenden offiziellen fünf Netto-Minuten Nachspielzeit versuchten die Gäste krampfhaft doch noch zum Anschlusstreffer zu kommen, doch mehr als ein Pfostenschuss des eingewechselten Jonathan Burkhard (90.+9) sprang nicht mehr dabei raus. Mit dem Schlusspfiff begann im Lauterer Lager eine ausgelassene Party, während der Mainzer Anhang die Reste der eigenen Blockfahne einrollte und bedröppelt und kleinlaut den Ort des Geschehens verließ. Man sollte das Fell des Bären eben nicht schon verhökern, bevor man selbigen nicht erlegt hat. Die Mannschaft von Sascha Hildmann hingegen feierte ausgelassen vor der Westtribüne mit den Fans und bedankte sich auch mit Applaus vor der proppenvollen Südtribüne und der ebenfalls komplett gefüllten Nordtribüne.

Die "FCK-WG" beim Jubel, Florian Pick und Simon Skarlatidis (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Die „FCK-WG“ beim Jubel, Florian Pick und Simon Skarlatidis (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Für viele FCK-Fans, die gestern vielleicht seit längerem erstmals wieder im Stadion waren, sollte der Auftritt des FCK am gestrigen Tag Anlass genug sein, nun auch wieder öfter die eigene Mannschaft im Stadion zu unterstützen. Schließlich war auch der Auftritt im letzten Heimspiel gegen Ingolstadt fast schon ein Augenschmaus, auch wenn am Ende ein torloses Unentschieden stand. Auf der anderen Seite dürfte der Auftritt der eigenen Mannschaft die Vorfreude auf die kommende Woche beginnende Bundesliga eher getrübt haben. Wie kommentierte ein Mainzer Fan in einem Forum die gestrige Partie folgerichtig? „Für so einen Mist habe ich Depp eine Geburtstagsfeier sausen lassen, passiert mir nicht noch mal!“ Ein sonst gern in Lautern für den Verein aus der Landeshauptstadt gewähltes Attribut, aber was will man dem bei so viel Selbsterkenntnis eigentlich noch hinzufügen!

-mg-

Ausgelassene Party vor der Westtribüne (Foto: www.der-betze-brennt.de)

Ausgelassene Party vor der Westtribüne (Foto: www.der-betze-brennt.de)


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