Eine bunte Welt wurde von einem auf den anderen Moment schwarz

Bewegende Gedenkfeier für die Opfer des Verbrechens von Orlando

Mehr als 70 Menschen kamen zur Gedenkfeier an die Stiftskirche (Foto: mg)

Mehr als 70 Menschen kamen zur Gedenkfeier an die Stiftskirche (Foto: mg)

Mehr als 70 Menschen wohnten gestern Abend im Innenhof der Kaiserslauterer Stiftskirche einer Mahnwache zum Gedenken der getöteten und teils schwer verletzten Opfer des abscheulichen Massakers vom vergangenen Wochenende in Orlando, im US-Bundesstaat Florida bei. Darunter sehr viele Angehörige der US-Streitkräfte und der Lauterer US-Community sowie zahlreiche FCK-Fans. Eingeladen zu der Trauerfeier hatte das Kaiserslauterer schwul-lesbische Netzwerk Queer-KL zusammen mit der US-amerikanischen LGBT-Initiative OutServe Germany. Dekanin Dorothee Wüst von der evangelischen Kirche fand bewegende und mitfühlende Worte und ermutigte dennoch, den Blick auch wieder in die Zukunft zu richten. Auch wenn die unfassbare Tat bei vielen selbst eine Woche nach den Ereignissen im Nachtclub Pulse noch immer Fassungslosigkeit verbreitet: „Wie verblendet kann ein Hirn, wie verhärtet muss ein Herz sein?“

Auch FCK-Fans zeigten Solidarität (Foto: Ralph Seibel)

Auch FCK-Fans zeigten Solidarität (Foto: Ralph Seibel)

Die Metapher von Dekanin Dorothee Wüst, dass am letzten Wochenende eine bunte Welt vom einen auf den anderen Moment schwarz war, spiegelte gestern sehr treffend, wie die Fühl-Welt aller Anwesenden in den Tagen nach dem verbrecherischen Akt in Orlando ausgesehen haben dürfte. Die bewegende Gedenkfeier in der Gemeinschaft half daher vielen der Besucher den eigenen Schmerz, die Ratlosigkeit, die Fassungslosigkeit oder eigene Ängste mit Freunden, Gleichgesinnten oder einfach nur im Beisein anteilnehmender Mitmenschen ein wenig erträglicher zu machen und neuen Mut zu schöpfen. Zum Auftakt der gestrigen Veranstaltung wurde von allen Anwesenden schweigend der Schriftzug ORLANDO PULSE auf dem Boden vor der Fassade der Stiftskirche mit brennenden Kerzen nachgezeichnet. Mit dem Verlesen der Namen aller 49 getöteten Opfer wurden nacheinander dem Kerzenschriftzug 49 weiße Rosen beigelegt. Johnny Beasy von OutServe Germany trug a capella den Refrain von Amazing Grace vor.

Ein Schriftzug aus Kerzen entsteht (Foto: Ashley Carothers)

Ein Schriftzug aus Kerzen entsteht (Foto: Ashley Carothers)

Die Stille und Andacht brauchte nicht viele Worte. Viel wichtiger als Worte, Reden oder Antworten auf noch so viele offene Fragen zu finden, war der fühlbare Akt der Solidarität. Mit Opfern, deren Angehörigen, den Hinterbliebenen, deren Freunden und Liebsten.

Während der Woche nach der Tat herrschte in Kaiserslautern tiefe Betroffenheit über dieses sinnlose und abscheuliche Verbrechen. Gerade in einer Stadt wie Kaiserslautern mit den vielen US-amerikanischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in und um die Stadt sowie den zahlreichen Angehörigen der US-Militärbasis in Ramstein. Natürlich und vor allem auch unter unseren Mitstreitern von OutServe Germany, aus deren Mitte leider ebenfalls ein Militärangehöriger unter den Opfern war. Die anhaltende Trauer galt und gilt den vielen unschuldigen Opfern. Betroffenheit herrschte aber auch wegen der Bedeutung der schrecklichen Tat für die gesellschaftliche Position aller LGBT-Gruppen. Mit dem sinnlosen Massaker wurde ein wichtiger Schutzraum  angegriffen, ein Ort als geschützter Bereich, wo sich Menschen mit queerer Identität, inmitten einer immer noch heteronormativ gestrickten Welt, unter Gleichgesinnten angstfrei bewegen konnten. Bis eben zum vergangenen Wochenende.

Dekanin Dorothee Wüst (li.) fand passende Worte (Foto: Ralph Seibel)

Dekanin Dorothee Wüst (li.) fand passende Worte (Foto: Ralph Seibel)

Trotz all der Fassungslosigkeit und Trauer forderte auch Ashley Carothers von OutServe bei ihren Schlussworten dazu auf, sich auch in Zukunft nicht entmutigen zu lassen. Die Liebe werde gewinnen und es gelte, dass wir unser Leben auch weiterhin dieser Maxime widmen sollten. Auch aus der Lauterer LGBT-Community wurde der Apell unterstrichen, das schlimme Ereignis zum Anlass zu nehmen, künftig wieder enger zusammenzurücken. Was über Jahrzehnte in teils zähem Ringen gesellschaftlich erreicht wurde, ist noch immer zerbrechlich. Das hat die Tat von Orlando weltweit allen aus der Community vor Augen geführt. Dies gilt es zu schützen und zu bewahren. Jung und alt sollten das Erlebte zum Anlass nehmen wieder mit mehr Achtsamkeit füreinander gemeinsam in die Zukunft zu gehen.

Zum Ende der Veranstaltung hatten alle Anwesenden noch die Möglichkeit auf bereitgelegten Papierbögen spontan ihre Gefühle, Wünsche, Träume, Hoffnungen oder Gedanken schriftlich zum Ausdruck zu bringen und als sichtbare und stille Botschaft am Ort des Gedenkens zu hinterlassen. Hinter der Glasfassade im südlichen Seitenraum der Stiftskirche wurde abschließend das Arrangement aus Blumen, Kerzen und den niedergeschrieben Grußbotschaften ausgelegt. Der Ort bleibt noch für mindestens eine Woche für alle Bürgerinnen und Bürger Anlaufstelle, um weiterhin der Opfer zu gedenken.

Noch eine Woche Ort des Gedenkens (Foto: mg)

Noch eine Woche Ort des Gedenkens (Foto: mg)

Unterstützt wurde die Gedenkfeier übrigens durch die Stadt Kaiserslautern, die am gestrigen Tag die Regenbogenbeflaggung am Rathaus auch auf Halbmast gesetzt hatte, die Atlantische Akademie, für die Frau Sarah Wagner vor Ort war, die Evangelische Kirche in Kaiserslautern mit ihrer Dekanin Frau Dorothee Wüst und durch den 1.FC Kaiserslautern, vor Ort vertreten durch Ehrenratsmitglied Norbert Thines.

mg

 

Rheinpfalz-Artikel (Pfälzische Volkszeitung) vom 21.06.2016

 

 

 

Nachfolgend die Liste mit den Namen aller 49 getöteten Opfer mit Altersangabe:

Akyra Monet Murray (18)
Alejandro Martinez (21)
Amanda Alvear (25)
Angel Candelario-Padro (28)
Antonio Davon Brown (29)
Anthony Luis Laureano Disla (25)
Brenda Lee Marquez McCool (49)
Christopher Joseph Sanfeliz (24)
Christopher Leinonen (32)
Cory James Connell (21)
Darryl Roman Burt II (29)
Deonka Drayton (32)
Eddie Jamoldroy Justice (30)
Edward Sotomayor (34)
Enrique Rios (25)
Eric Ivan Ortiz-Rivera (36)
Frank Hernandez (27)
Franky Jimmy DeJesus Velazquez (50)
Geraldo Ortiz-Jimenez (25)
Gilberto Ramon Silva Menendez (25)
Jason Josaphat (19)
Javier Jorge-Reyes (40)
Jean Carlos Mendez Perez (35)
Jean Rodriguez (27)
Jerald Arthur Wright (31)
Jonathan Vega (24)
Joel Rayon Paniagua (32)
Juan Chavez Martinez (25)
Juan P. Rivera Velazquez (37)
Juan Ramon Guerrero (22)
Kimberly Morris (37)
Leroy Valentin Fernandez (25)
Luis Daniel Conde (39)
Luis Daniel Wilson-Leon (37)
Luis Omar Ocasio-Capo (20)
Luis Vielma (22)
Martin Benitez Torres (33)
Mercedez Marisol Flores (26)
Miguel Honorato (30)
Oscar A. Aracena-Montero (26)
Paul Terrell Henry (41)
Peter O. Gonzalez-Cruz (22)
Rodolfo Ayala-Ayala (33)
Shane Tomlinson (33)
Simon Adrian Carrillo-Fernandez (31)
Stanley Almodovar III. (23)
Tevin Eugene Crosby (25)
Xavier Emmanuel Serrano Rosado (35)
Yilmary Rodriguez Solivan (24)

Anteilnahme (Foto: Ralph Seibel)

Anteilnahme (Foto: Ralph Seibel)

Blumen, Kerzen, Stille (Foto: Ralph Seibel)

Blumen, Kerzen, Stille (Foto: Ralph Seibel)

Grußbotschaften der Besucher (Foto: Ashley Carothers)

Grußbotschaften der Besucher (Foto: Ashley Carothers)

Die Regenbogenflaggen am Rathaus auf Halbmast (Foto: Robin Roth)

Die Regenbogenflaggen am Rathaus auf Halbmast (Foto: Robin Roth)


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